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Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mi 15. Nov 2017, 12:29
von SO FUCKING DETERMINED
...war meine erste Goa. November 2007. Die Party hiess "High Energy", der Mainact hiess "Bliss" und sie fand statt in der Biella Factory in Biel.

Damals war noch echt viel los im Mysticalforum. Heute könnte ich mich fragen, für wen ich das hier eigentlich schreibe.

Rückblickend muss ich sagen, was ich schon oft geschrieben habe: Die Goaszene hat mir niemals das gegeben, was ich von ihr erwartet habe. Was tiefer gehende Freundschaften angeht, gibt es nur einen Menschen, zu dem ich eine grosse Empathie aufbauen konnte.

Ich habe mich ja damals an diese Parties begeben, weil ich mich auch mal als Freak unter Freaks fühlen und nicht der ewige Aussenseiter sein wollte. Allerdings war ich auch an Goas genauso der Aussenseiter, der erst zum Innenseiter wurde, wenn er sich die Lampe gefüllt hat. Es wäre falsch, zu sagen, eine Goa ist keine Proletarier-Party. Ausser vielleicht die ganz kleinen, feinen Oldschool-Parties, bei denen noch ein richtiger SPIRIT herrscht (abgelutschter Begriff, ich weiss, sorry) und nicht nur SPIRITUS. Der Unterschied ist vielleicht, dass an Goas am Stammtisch statt Schnupf Speed gerupft wird. Aber...ich weiss nicht wieso, irgendwie hatte ich an Goas immer so das Gefühl, dass da gaaanz viel Bauarbeiter-Handwerker-Dummschnorrer, abgestumpfte Pflöcke von Persönlichkeiten sich tummeln. Ich hätte mir stets viel mehr Feinfühligkeit gewünscht, die in mir schon gar nicht den Wunsch aufkommen lassen hätte sollen, mich sinnlos mit Alk und anderem wegzuknallen.
Aber eben: Eine Goa ist in erster Linie eine totale Reizüberflutung. Es ist viel zu laut, zu viel, zu grell, zu vernebelt, zu, zu, zu. Hypersensible haben an einer Goa eigentlich nichts verloren. Punkt.

Und trotzdem: Nach all der Erkenntnis, manchmal braucht es mal wieder einen Absturz und manchmal herrscht auch jetzt noch in mir der Wunsch nach Apokalypse und Sodom und Gomorrha. Dann gehe ich an eine Goa. Mittlerweile vielleicht noch 1-2 mal im Jahr. Aber diese geringe Dosis Goa, diese geringe Dosis Absturz und Exzess, brauche ich auch heute noch.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mi 15. Nov 2017, 19:29
von Yagé
Mir geht es da ziemlich ähnlich. 1-2 mal pro Jahr an ne Sause.
Ausgiebig tabakrauchen und Bieg trinken. Amüsante, heitere, doofe,
interessante, tiefe Gespräche führen und die verschiedenen Anwesenden
beobachten. Fast wie ein Besuch im Streichelzoo ;-)
Und trotz meiner Szenenrückgezogenheit, diese zwei Mal lasse ich mir
nicht nehmen. Die letzten Jahre verschlug es mich dann stets an die
Bio für jeden Events, à la Blättertanz und Consorte.
Vielleicht trifft man sich ja wieder einmal dort.
Gruss

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mi 15. Nov 2017, 23:16
von illusion
eine bekannte, die früher an parties ging, sagte mal: "es hat sich ein wenig ausgefeiert." die worte bleiben mir. ich bin inzwischen auch nur selten unterwegs - vermutlich inetwa so oft, wie Raja ram in der schweiz diniert. allerdings immer mit keinerlei Erwartungen, die jedes mal übertroffen werden /happy meistens artet es dann irgendwie ein bisschen aus, weil ich zu den partygängern hingehe, und versuche kleine fehden anzuzetteln, indem ich beispielsweise erzähle: "du, dä ditt, ja genau dä, dä wählt im fall immer d svp." dann ist erstmal ein bisschen Ratlosigkeit in den Augen, oder wir diskutieren dann ernsthaft, warum dem so sei. dann gehe ich zu der Person, über die ich das gesagt habe, und zeige auf die andere Person, das Spielchen wiederholend. an kleineren parties ist dass irgendwie lustig - ich lach mir jedes mal fast einen ab, man muss einfach ein bisschen abschätzen können, wer mich genug gut kennt, um zu wissen, was spass ist. der einzige sch*** ist einfach, dass ich mich mit der zeit so dermassen reinsteigern kann, bis ich selbst nicht mehr weiss, wer alles svp wählt, und wer nicht. aber egal. the Show must go on. immer wieder /bigs

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Fr 17. Nov 2017, 11:17
von Nichtlustig
Goapartys sind teil der Gesellschaft so wie Feuer Wasser Luft und Erde zwar verschiedene Dinge sind und trotzdem teil von gaia...ich bin zwar ich aber ohne ein du könnte ich gar nicht wissen dass ich existiere...also brauchen goapartys die Gesellschaft um überhaupt als goapartys existieren zu können und freaks brauchen kravattenträger und hippiegirls brauchen bitches...jedenfalls...gehe auch nur noch selten...

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: So 19. Nov 2017, 18:55
von Archaic Revival
Tja, dass ist, wenn die Suche nach Tiefe und Bewusstsein in Oberflächlichkeit und Trivialitäten endet. Die Szene hat sich komplett verstritten. Erstens durch die verschiedenen Musikrichtungen innerhalb der Szene und zweitens durch politische oder gesellschaftliche Themen oder auch Verschwörungstheorien. So wie hier im Forum. Einige haben versucht einen Keil zwischen die Leute zu treiben (was sie auch geschafft haben), und erfreuen sich nun daran, wenn im Mysticalforum wieder diskutiert wird.

Nun ist das Forum so was von tot, dass nicht mal mehr die Administratoren die aktuellen Partys in der Rubrik CH-Partys auflisten. Alles bleibt verstaubt in der Ecke liegen.

Was mir aufgefallen ist, nach 7 Jahren Goa, dass sich die Szene nicht weiterentwickelt. Die Dekoration bleibt immer dieselbe. Das blendende UV-Licht geht mir auf den Sack. Es ist immer ähnliche Musik - durch den Progi noch verschlimmert; aber vielleicht auch durch High-Tech? Es sind vielleicht auch für die Individuen immer dieselben Abläufe an einem Fest, was nach einiger Zeit fade wirkt.

Ich war letztes Jahr auf dem Gäbris im Appenzellerland. Wundervolle Party. Jeder Gast sass im Kreis und der Veranstalter machte eine Schokoladen-Zeremonie. Jeder trank aus dem grossen Schokoladenbecher, bevor die Musik losging. Geniale Idee. Genau solche Aktionen verbinden. Auch Bio für jede macht das gut.

Ein weiteres "Problem" ist die Anonymität. Jeder kann durch den Erwerb eines Tickets an einem Fest teilnehmen. Es spielt keine Rolle, wer du bist, wen du kennst oder warum du hier bist. Hauptsache Geld. Das macht sich auch immer wieder negativ auf den grossen Festivals bemerkbar, wenn wieder geklaut wird. Die Diebe brauchen nur den Eintrittspreis als Investition auszugeben und kommen danach mit prallgefüllten Taschen nach Hause. Und wenn es nicht die Diebe sind, dann sind es die Veranstalter, die einfach schnelles Geld machen wollen; zum Beispiel "Privat"-Partys organsieren und danach 20'000 Leute auf Facebook einladen.


Was mich zuversichtlich stimmt, sind diejenigen, die trotzdem immer wieder kleine, süsse Gatherings veranstalten; die nicht primär wegen dem Geld eine Veranstaltung organisieren sondern wegen den Leuten, dem Feeling, der Musik, der Freude wegen.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: So 19. Nov 2017, 19:38
von SO FUCKING DETERMINED
Von mir aus gesehen hätte sich die Szene auch nie weiterentwickeln SOLLEN. Sie war anscheinend im besten Zustand lange bevor ich dazugestossen bin, schätzungsweise im Jahr 1996. In diesem Jahr ist zumindest eines der meiner Meinung nach besten und genialsten Goa-Alben überhaupt rausgekommen (Cosmology von Cosmosis). Wahrscheinlich gabs dann auch viel weniger Parties, die höchst selten in den Medien erwähnt wurden, keine grossen Kommerz-Festivals, keine Geldmacherei.
Die Parties gibts heute noch, die kleinen Oldschool-Parties, aber man muss sie suchen und oft erfährt man nur per Mund-zu-Mund-Propaganda davon.

Es hat für mich auch insofern den Reiz verloren, weil mir der Kater NACH der Party heute einfach zu mühsam ist. Ich muss als Hypersensibler ja meine Umgebungsfilter stark herunterfahren, um eine Party überhaupt geniessen zu können. Also bin ich schon fast gezwungen, zu bechern. Nur kann ich beim Bechern nicht mehr aufhören. Zwar heute besser als früher, aber ich habe nach wie vor kein Mass. Ergo ist der Kater am nächsten Morgen mühsam und die Heimfahrt ist die reinste Qual und der Tag darauf ist noch immer eine Qual, weil zu wenig Schlaf und so. Und für 10-20 Stunden Partyparty und danach 2-3 Tage Quälerei, das ist es mir einfach nicht mehr wert.
Tja, man wird halt auch älter. Die Szene soll sich mal dahingehend entwickeln, dass nicht mehr nur ein elektronisches Rumpf-Dumpf-Gehämmer im Wald das absolute Muss ist, sondern dass man sich als kleine Gruppe (10-30 Personen) im Wald einfindet, um zu trommeln, singen, labbern. Der Vorteil: Keine Lärmklagen, die Tiere leiden nicht so und der Kostenaufwand wäre auch viel geringer.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: So 19. Nov 2017, 20:34
von Archaic Revival
Verusch' es doch beim nächsten Mal einfach mit Wasser. Nachdem ersten Bier zwei Becher Wasser, und der Kater danach ist passé. Als ich vor 10 Jahren noch exzessiv harten Alkohol getrunken haben, hatte ich nie einen Kater. Viel Wasser trinken und der Tag danach ist viel angenehmer. ;)

Also ich bin schon der Meinung, dass sich Goa weiterentwickeln sollte, da Goa auch aus einem Prozess der Weiterentwicklung hervorgekommen ist. Nichts steht still. Alles ist in Bewegung. Und das ist auch gut so!

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: So 19. Nov 2017, 21:44
von SO FUCKING DETERMINED
Weiterentwickeln ja, aber nicht gleichzeitig altes verleugnen. Ich vergleiche es immer mit Metal: Thrash Metal entwickelte sich vor ca. 35 Jahren. Klar gibt es heute eine gigantische Vielfalt an neuartigen Metal-Genres, aber guter Thrash Metal wird nach wie vor geschätzt, genau wie damals. Bands wie Metallica füllen auch heute noch Stadien und ihr Sound tönt noch immer ähnlich wie damals.

Mit Goa ist es anders. Musik, die vor gerade mal 20 Jahren an Parties gespielt wurde, ist fast in Vergessenheit geraten. Die Neuzugänger in der Szene, die jetzt zwischen 16 und 20 sind, wissen nichtmal mehr, wie richtiger Goa tönt. Und wenn man es ihnen mal erklärt und ihnen was altes zu hören gibt, dann verdrehen sie die Augen und sagen "ou nääääi, gang mer wäg mit däm nervöse Gedudel!" DAMIT habe ich ein Problem. Zwar gibts immer mehr gigantische Parties mit haufenweise Proggi-, Fullon- und Psyacts, aber der alte Goa wird vielleicht noch von irgendwelchen Veteranen, die der alten Zeit nachtrauern gemocht oder dann eben von Ausnahmefreaks wie mir, die, obwohl erst spät in die Szene gekommen, sofort total hin und weg sind von der alten Goa-Musik und nicht verstehen können, wie man so abfahren kann auf monotones Gepumpe zwischen 120 und 140 bpm.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mo 20. Nov 2017, 11:12
von Archaic Revival
Die Musik ist für mich nur ein Teilaspekt, die eine Goa ausmachen. Ich meine aber auch das Licht, die Dekoration, das Zusammensein während einer Goa sollte sich weiterentwickeln.

Wenn du das nächste Mal ins Ausland gehst, oder planst, eine Goa im Ausland zu besuchen, kann ich dir nur wärmstens das ZNA Gathering in Portugal empfehlen. Dort läuft 1 Woche Oldschool-Goa. Zumindest war es in 2015 so, als ich dort war. Das nächste Fest wird im Jahre 2019 sein.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mo 20. Nov 2017, 14:42
von illusion
na ja, eigentlich haben Substanzen auch ihre spuren hinterlassen 8-[

wenn ich so um mich schaue, sind einige am klagen, andere auf einem trip, die dritten haben leberschäden, die vierten rückenprobleme, die fünften leben in saus und braus, und manche leben gar nicht mehr.

und wenn sich an goa etwas ändern soll, dann von mir aus der umgang mit Konsum - und nicht die musik, das licht, die deko oder die lautstärke. nur weil wir alten säcke die Konsequenzen nicht abschätzen konnten, heisst es nicht, dass die jungen uns dies nachmachen müssen.

was die admins betrifft: hut ab! ich will gar nicht wissen, wieviel Herzblut oder zeit in dieses Forum geflossen sein muss. von den nerven mal abgesehen.

dass die Szene verstritten ist, ist nichts neues. gab schon immer solche, die andere nicht so mochten. aber gibt auch genügend derer, die menschen gefunden haben, zwischen die kein keil der welt passt. muss man aber ständig hegen und pflegen, zumal man sich nicht aus den augen verliert.

Re: Vor 10 Jahren...O

Verfasst: Di 21. Nov 2017, 00:14
von Nichtlustig
Ergo...Goa ist tot...aber weil Goa ja auch viel mit Buddhismus zu tun hat wird Goa wiedergeboren...ergo...Goa lebt...Hauptsache es ist alles im Fluss...auch die Diskussion hier...und vor allem...Goa /yo ll

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Di 21. Nov 2017, 11:13
von illusion
also, goa selbst ist eigentlich ziemlich christlich und liegt am meer 8-[

:-D

also eher Inquisition, als wiedergeburt /grim

Re: Vor 10 Jahren...O

Verfasst: Di 21. Nov 2017, 20:05
von Archaic Revival
Nichtlustig hat geschrieben:Ergo...Goa ist tot...aber weil Goa ja auch viel mit Buddhismus zu tun hat wird Goa wiedergeboren...ergo...Goa lebt...
Um das Jahr 2010 kam eine regelrechte Schar von neuen, jungen Menschen in die "Szene". Und diejenigen, die um das Jahr 2010 Goa gehypt haben, gehen heute nur noch selten an eine Party. Was ist mit den Jungen? Die meisten jungen Leute gehen heute nur noch selten in den Ausgang. Lieber wird zu Hause eine US-amerikanische Sendung sich reingezogen, oder einfach nur am Computer oder Fernseher gezockt.

Daher ist wie eine Lücke entstanden, die nicht mit neuen, kreativen Goanern gefüllt wurde. Goa war Mitte dieses Jahrzehnts so in aller Munde, dass jeder an einer Goa-Party war - oder es zumindest glaubte - und darüber geurteilt hat. Wie sonst lässt es sich erklären, dass diese alternative Szene so populär war/wurde und nun so out ist.

Die Generation (=Mehrheit), die momentan um die 20 ist, ist weder alternativ noch ist sie progressiv. Die heutigen jungen Menschen gehen arbeiten, geniessen den Konsum und tendieren eher nach rechts. Das gab es auch in den 80er Jahren, als extrem viele junge Menschen Start-Ups gründeten und "erfolgreich" wurden.

Sehr wahrscheinlich wird es sich in 10 Jahren genau so wieder ändern, wie es sich in den 90ern geändert hat. Früher hatten wir Hippies und Raver, heute Hippsters, die eher dem Konsum fröhnen, anstatt ihn zu hinterfragen...

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Fr 24. Nov 2017, 17:46
von SO FUCKING DETERMINED
mmh, ich mache wahrscheinlich irgendwann mal meine eigenen Parties. Vielleicht schon bald. Also ohne grossen Aufwand. Paar Leute zusammentrommeln (max. 30), hier in der Nähe hats viele wunderschöne Plätze zum musizieren, chillen, Bierchen trinken, grillieren etc. Kein Konservensound und wenn, dann aus kleinen Böxli. So muss man wohl auch keine Bewilligung einholen. Trommeln, Gitarre, Gesang, was auch immer, ein schönes Feuer. Ja, das wäre toll! Vielleicht nächsten Frühling/Sommer.

Re: Vor 10 Jahren...

Verfasst: Mo 27. Nov 2017, 22:40
von Amanita
Tönt gut, hätte gerne eine Einladung /color