Laotse

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@fire
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Laotse

Beitrag von @fire »

Wenn auf Erden alle das Schöne als schön erkennen,
so ist dadurch schon das Hässliche gesetzt.
Wenn auf Erden alle das Gute als gut erkennen,
so ist dadurch schon das Nichtgute gesetzt.
Denn Sein oder Nichtsein erzeugen einander.
Schwer und Leicht vollenden einander.
Lang und Kurz gestalten einander.
Hoch und Tief verkehren einander.
Stimme und Ton sich vermählen einander.
Vorher und Nachher folgen einander.

Also auch der Berufene:
Er verweilt im Wirken ohne Handeln.
Er übt Belehrung ohne Reden.
Alle Wesen treten hervor,
und er verweigert sich Ihnen nicht.
Er erzeugt und besitzt nicht.
Er wirkt und behält nicht.
Ist das Werk vollbracht,
so verharrt er nicht dabei.
Und eben weil er nicht verharrt,
bleibt er nicht verlassen.
Titali

Beitrag von Titali »

Mässigkeit

Der Weg kann ein Führer sein,
aber kein vorgeschriebener Pfad;
Namen können gegeben werden,
aber keine bleibenden Bezeichungen.
Nichtsein nennt man den Anfang von Himmel und Erde;
Sein nennt man die Mutter aller Dinge.
Stets leidenschaftlos beobachte das Feine;
immer zielgerichtet beobachte das Offenbare.
Diese beiden enstammen derselben Quelle,
unterscheiden sich aber im Namen;
beide werden als Mysterien betrachtet.
Das Mysterium der Mysterien
ist das Tor zum Wundern.

(Tao Te King - Laotse)
illusion
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Re: Laotse

Beitrag von illusion »

uff - diese Chinesen schrieben dieses Zeugs viel zu früh. Watt schrieben die denn wohl heutzutage :-k
there is nothing real outside our perception of reality
illusion
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Re: Laotse

Beitrag von illusion »

Im Verborgenen

Solltest du etwas zurückhalten wollen,
so musst du es absichtlich sich ausdehnen lassen.
Solltest du etwas schwächen wollen,
so musst du es absichtlich stark werden lassen.
Solltest du etwas ausräumen wollen,
so musst du es absichtlich erblühen lassen.
Solltest du etwas wegnehmen wollen,
so musst du ihm absichtlich Zugang verschaffen.

Die Lektion hierin lautet:
Weisheit der Verborgenheit.
Das Sanfte überdauert das Starke.
Das Verborgene überdauert das Offensichtliche.

Der Fisch kann nicht aus den Tiefen des Wassers steigen,
und die Waffen eines Landes sollen nicht zur Schau gestellt werden.



Um Missverständnisse zu entkräften noch Folgendes:

Als Sie heranwuchsen, drehten sich viele Lektionen fürs Leben um den Satz: "Beachte mich!" Man hat Ihnen beigebracht, Ihr Ansehen sei umso grösser und Sie bekämen umso mehr Anerkennung von Gleichaltrigen, (und den Erwachsenen in Ihrem Bekanntenkreis), je mehr Aufmerksamkeit Sie auf sich zögen, besonders wenn Sie ein "gutes kleines Mädchen" oder ein "guter kleiner Junge" waren. Werde Nummer eins, hiess es etwa, verdiene diesen goldenen Stern, gewinne diese Meisterschaft, heimse die besten Noten ein, werde Jahrgangsbeste/r, sammle Preise und so weiter. Bei diesen Ermahnungen ging es immer darum, aus der Masse herauszuragen und sich anhand des Ranges einzustufen, die Sie im Wettkampf mit den Anderen erreicht haben.
Wenn Sie Ihre Meinung über Ihren Platz im grossen Ganzen ändern, werden Sie feststellen, dass die Weisheit des Verborgenen Ihnen hilft, den Wettkampf aus Ihrem Leben zu verbannen und sich auf eine Position ruhiger Stärke zurückzuziehen. Laotse bittet Sie mit anderen Worten, es leicht zu nehmen und Ihre Lebensauffassung nach ganz neuen Kriterien auszurichten. Dabei wird Ihnen Ihre Umwelt allmählich eine sanfte, zurückhaltende Seele spiegeln, die all jene überdauert, die ihre Stärke daran messen, wie gross ihr Ansehen im Vergleich mit Gleichgestellten ist.
Dieser Spruch beginnt damit, die Dichtomie der materillen Welt verständlich zu machen, und empfiehlt Ihnen die wache Beobachtung Ihres Lebens. Wenn Sie sich herabgesetzt fühlen, heisst das, dass Sie notgedrungen auch wissen, wie es ist, wichtig zu sein. Die Idee der Schwachheit erwächst aus der Kenntnis des Gefühls der Stärke. Wie es in der Übersetzung des Tao Te King von Witter Bynner "The Way of Life According to Lao Tzu (Der Lebensweg nach Laotse) heisst:

Wer sich angepikst fühlt,
muss einst eine Luftblase gewesen sein,
wer sich unbewaffnet fühlt,
muss Waffen getragen haben,
wer sich benachteiligt fühlt,
muss Vorrechte genossen haben...

Vermeiden Sie die Falle, sich schwach und unwichtig zu fühlen, gestresst oder ängstlich zu sein dadurch, dass Sie jenes Denken überwinden, das Sie überhaupt dorthin geführt hat. Vergessen Sie nicht, dass Sie mindestens einmal das Gegenteil wahrgenommen haben, und Stärke kennen müssen, wenn Sie sich schwach fühlen. Wenn Sie sich gestresst fühlen, ist Ihnen auch Stressfreiheit bekannt. Wenn Sie sich nicht mehr mit anderen vergleichen und irgendwo dazupassen wollen, wählen Sie den Weg, den Laotse "Weisheit der Verborgenheit" nennt. Vergessen Sie Ihr Bedürfnis, in den Augen anderer auf irgendeine Weise mehr zu sein.
Laotse schliesst diesen eleganten Spruch mit dem Bild des Fisches, der aus den Tiefn des Wassers aufsteigt. Versuchen Fische, sich an der Oberfläche umzusehen, und die "weite Welt" jenseits den Tiefen zu erkunden, so leben die kleinen Kerle nicht lange, weil man sie in Netzen fängt. Somit lautet die grosse Lektion dieses sechsunddreissigsten Spruches: Bleiben Sie unter Radarhöhe, dann überdauern Sie alle, die nach Anerkennung streben. Wenn Sie sich zu dieser Sichtweise bekehren, wird Ihr Wunsch, im Verborgenen zu bleiben, stärker sein, als stark und allen überlegen zu gelten, und Sie werden sich nicht ganz allein mit Ihren Siegestrophäen wiederfinden.
Laotse machte Ihnen vor fünfundzwanzig Jahrhunderten, als er sein zeitloses Werk diktierte, folgenden Vorschlag:

Streben Sie durch wahrnehmen von Gegensätzen nach Erkenntnis des Einsseins.

Geben Sie sich alle Mühe, innerlich in der Einheit zu bleiben. Sind Sie zum Beispiel müde, so erinnern Sie sich daran, dass Sie auch wissen, wie es sich anfühlt, ausgeruht zu sein. Nehmen Sie auch die gegenteilige Empfindung wahr, um beide gleichzeitig zu kennen. Tun Sie dies mit jedem Gefühl: Wenn Sie sich ungeliebt fühlen oder deprimiert, wenn Sie sich als schwach, eifersüchtig oder sonst etwas empfinden, so befindet sich auch der Gegenpol dessen, was Sie jetzt durchmachen, in Ihrem Erfahrungsschatz. Suchen Sie sofort das gegenteilige Gefühl und verbinden Sie sich innerlich damit. Daraus entsteht Einssein: Sie nehmen die Extreme in sich auf und setzen Ihren Geist dazu ein, so zu sein wie das Tao, das nie irgendwas entzweireisst. WIe kann man Einheit auseinanderbrechen? Könnte man sie aufspalten, wäre sie nicht mehr da.

Ziehen Sie sich zurück und lassen Sie andere machen.

Registrieren Sie ihre Neigung, sich mit anderen zu vergleichen bzw. im System zu bleiben. Ein System will Sie immer dazu bringen, sich wie alle anderen zu verhalten. Es neigt dazu, den Grad Ihres Erfolgs oder Ihres Glücks durch Vergleiche zu bestimmen. Das Tao Te King dagegen empfiehlt Ihnen, danach zu streben, im Verborgenen zu bleiben. Ziehen Sie wenig oder keine Aufmerksamkeit auf sich und streben Sie nicht nach Anerkennung. Lassen Sie stattdessen immerfort zu was geschehen möchte.
Lassen Sie andere Erfolg haben und sich wegen Ihrer Stärke und Beliebtheit aufblasen. Wie Laotse sagt, müssen Sie anderen Absichtlich Recht zugestehen, sich auszudehnen. Lernen Sie aber von den Fischen, die überdauern, indem sie in den tiefen Gewässern Ihrer vom Tao gelenkten Seele bleiben.

Leben Sie das Tao - jetzt

Stellen Sie sich selbst die Aufgabe, einen Tag lang möglichst im Hintergrund zu bleiben. Unterdrücken Sie die Tendenz, sich mit irgendjemandem vergleichen oder Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu wollen. Dies wird Ihnen gelingen, wenn Sie sich verpflichten, sich heute nur für andere interessieren und das Pronomen "ich" durch "du" zu ersetzen. Statt zum Beispiel zu sagen: "Ich habe diese Arbeit jahrelang gemacht. Ich will Ihnen zeigen, wie Sie es anstellen müssen". bemerken Sie nur: "Sie scheinen in Ihrer neuen Stelle sehr gut zurechtzukommen. "Bleiben Sie in der Sprache des Tao sanft und weich, und Sie werden überdauern.

8-[
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asuare
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Re: Laotse

Beitrag von asuare »

illusion hat geschrieben:uff - diese Chinesen schrieben dieses Zeugs viel zu früh. Watt schrieben die denn wohl heutzutage :-k
Gute Frage!
Ihr seit doch alle nur neidisch, dass nur ich die Stimmen höre.
illusion
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Re: Laotse

Beitrag von illusion »

17

ist der grösste führer an der spitze,
weiss das Volk kaum, dass er da ist.
darunter steht einer, den sie lieben und loben.
darunter steht einer, den sie fürchten.
darunter steht einer, den sie verachten, dem sie trotzen.

vertraut ein führer niemandem,
vertraut ihm niemand.

der grosse führer redet wenig
und nie unüberlegt.

er arbeitet ohne Eigeninteresse
und hinterlässt keine spur.

wenn alles beendet ist, sagt das Volk:
"WIR HABEN ES GANZ ALLEINE VOLLBRACHT."




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weshalb ist das Meer König von hundert strömen?
weil es tiefer liegt als sie.
demut verleiht ihm seine macht.

wer über anderen stehen will,
muss demütig reden.
wer führen will, muss folgen.

wenn ein weiser über ihnen steht,
fühlen sich die menschen nicht unterdrückt.
und wenn er den leuten vorangeht,
sind sie nicht verletzt.

der weise bleibt niedrig,
und die welt wird nicht müde, ihn zu verherrlichen.
er bleibt ein diener
und die welt wird nicht müde, ihn zu ihrem König zu machen.

:ugeek:
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