Samuel Widmer und die SAeP

Hier kannst Du Erfahrungsberichte verfassen (MF übernimmt keine Haftung oder Verantwortung bei den Angaben)
Antworten
Tatzuwurm

Samuel Widmer und die SAeP

Beitrag von Tatzuwurm »

Ich habe gerade diesen Text durchgelesen und dachte mir das er bereichernd sein dürfte in dieser rubrik. Er ist etwas lang, aber ich kann euch nur empfelen ihn bis zu ende durch zu lesen.
Zeigt er doch einige interessante frageestellungen zur gegenwärtigen, globalen situation auf.

Zudem dürfte er die herzen aller psychedeliker, psychonauten,psycholytiker und generellen naturmystikern die herzen höher schlagen lassen.

et voila:


Fakten zur psycholytischen Psychotherapie



Vortrag an der Universität Hamburg vom 2. Juni 2009

von Dr. med. P. Samuel Widmer Nicolet





Während die Politik nicht nur hier in Deutschland, sondern überall auf der Welt immer noch auf Slogans wie „Keine Macht den Drogen“ setzt, bemühen sich verschiedene Kreise und Strebungen seit Jahren und in aller Stille um ein Wiederaufleben der Psycholytischen oder Substanzunterstützten Psychotherapie, wie sie auch genannt wird, sowie um ein Comeback der psychoaktiven Substanzen in der medizinischen Forschung und Behandlung.

Unter psychoaktiven Substanzen verstehen wir als Drogen missbrauchte Medikamente und Heilmittel wie LSD, MDMA (Ecstasy), Psilocybin und andere, welche unter das Betäubungsmittelgesetz gestellt und verboten wurden. Als Psycholytische oder Substanzunterstützte Psychotherapie wird eine normale Gesprächs- oder anders orientierte Psychotherapie verstanden, in deren Verlauf solche psychoaktiven Substanzen von Zeit zu Zeit eingesetzt werden, um den Prozess zu begünstigen und zu unterstützen.

Es sind vor allem zwei Gruppen, welche sich weltweit intensiv für eine Rehabilitation dieser Therapieform einsetzen. Einerseits die vielen Therapeuten, welche mit ihrer leider illegalen, aber praktischen Arbeit auf ihre Weise die Angelegenheit im Untergrund lebendig halten, und andererseits die an diesem Gebiet interessierten Wissenschaftler und Bewusstseinsforscher, welche versuchen, die für eine gesellschaftliche Anerkennung notwendige Grundlagenforschung zu liefern, um die als gefährliche Drogen verteufelten Heilmittel wieder im Medizinschrank von Ärzten und Psychiatern zu etablieren.



Die Situation in Europa, weltweit, in der Schweiz oder in Deutschland ist im Wesentlichen dieselbe. Nur wenige der praktizierenden Mediziner erinnern sich noch an den aufregenden Durchbruch und die Fortschritte, die in den 1950er und 60er Jahren in der Psychiatrie und Psychotherapie erzielt wurden, obwohl diese eine sehr viel versprechende Antwort auf anderweitig sehr schwer zu behandelnde medizinische Probleme boten – zum Beispiel chronischen Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und existentielle Angst im Endstadium lebensbedrohlicher Erkrankungen. Für viele dieser Störungen blieb die Wirksamkeit konventioneller Behandlung bis heute begrenzt. Trotzdem wurde die vergleichende Untersuchung der Risiken und Vorteile des psycholytischen Behandlungsmodells erst in den letzten Jahren und sehr zögerlich wieder aufgenommen.

Nach einer Unterbrechung von fünfunddreissig Jahren wurden klinische Studien mit psychoaktiven Substanzen in den letzten Jahren allmählich wieder bewilligt. Einst waren sie der neueste Stand psychiatrischer Forschung. Der kulturelle und politische Aufruhr in Verbindung mit ihrer illegalen Nutzung in der Hippie-Szene hatte aber in den 70er Jahren zu einer allgemeinen und praktisch weltweiten Unterdrückung und Verleugnung dieses damals neuen Behandlungsparadigmas geführt. In letzter Zeit, seit drei bis vier Jahren vielleicht, beginnt das Eis wieder zu schmelzen. Erste schmale Forschungsprojekte, welche schliesslich allenfalls zur Reintegration der verbotenen Substanzen führen sollen, wurden in Amerika, der Schweiz und andernorts bewilligt.

Für viele Substanzen mit anerkannter medizinischer Verwendung (zum Beispiel Kokain, Morphin, Heroin, Amphetamin) gibt es einen weit verbreiteten, nicht medizinischen und illegalen Gebrauch. Dagegen durchliefen MDMA und die anderen klassischen psychoaktiven Substanzen wie LSD, Psilocybin, Ibogain usw. noch nicht genügend offiziell anerkannte klinische Studien, um den zuständigen Behörden die Einschätzung ihrer Sicherheit und Wirksamkeit als unterstützender Zusatz in der Psychotherapie zu ermöglichen und somit den Weg zu einer Einstufung als legale, verschreibungsfähige Medikamente zu ebnen. In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich in den besagten Bewegungen von Forschung und Untergrundtherapie allerdings die Vision einer Einstufung dieser Mittel als zugelassene, verschreibungsfähige Medikamente.



In der Schweiz gab es insofern eine spezielle Situation, als von 1988 bis 1993 fünf Psychiater behördliche Bewilligungen, um mit MDMA und LSD psychotherapeutisch in ihren Privatpraxen nicht nur zu forschen, sondern zu arbeiten, innehatten. Als einer dieser Psychiater, dem die Hauptbewilligung für MDMA zuerteilt worden war, half ich 1985 als Gründungsmitglied mit, sowohl die Schweizerische Ärztegesellschaft für Psycholytische Psychotherapie (SÄPT) und das Europäische Collegium für Bewusstseinsstudien (ECBS) um den inzwischen verstorbenen Professor Hanscarl Leuner als Instrumente, um diese Bewilligungen durchzusetzen und die Psycholytische Psychotherapie berufspolitisch und inhaltlich zu fundieren und in kollegialen Vereinigungen abzustützen, zu begründen. Innerhalb der SÄPT war ich während zehn Jahren bis zu meinem Rückzug als Ausbildungsleiter für angehende Psycholysetherapeuten tätig. Die damals angebotene strukturierte Weiterbildung in Substanzunterstützter Psychotherapie stellt weltweit ein Unikat dar; das vorgeschlagene Modell der Sitzungsgestaltung, welches auf der 1988 durch die SÄPT beschlossenen Ausbildungsordnung beruht, gilt noch heute weitherum als Prototyp für die Durchführung psycholytischer Sitzungen sowohl im legalen wie im illegalen Bereich. In meinem Buch „Ins Herz der Dinge lauschen“, das seither bereits zum sechsten Mal wiederaufgelegt wurde, habe ich die Grundlagen dieser „unerwünschten“ Psychotherapie ausführlich zusammengefasst.



In Aufarbeitung dieser speziellen Zeit und weltweiten Ausnahmesituation in der Schweiz haben meine damaligen Kollegen aus ECBS und SÄPT, einige meiner Schüler aus der ersten Ausbildungsgruppe der SÄPT sowie eine neue Generation von Kollegen, die sich für diese Materie interessieren und begeistern mit anderen Kollegen aus dem Fachgebiet, vor allem aus den USA, und insbesondere im Dialog mit Forschern des Instituts für Medizinische Psychologie im Zentrum für Psychosoziale Medizin der Universität Heidelberg ein Buch geschrieben. Sein Titel ist „Therapie mit psychoaktiven Substanzen/ Praxis und Kritik der Psychotherapie mit LSD, Psilocybin und MDMA“; herausgegeben wurde es vom Verlag Hans Huber in Bern 2008 von Henrik Jungaberle, Peter Gasser, Jan Weinhold und Rolf Verres. Darin werden die damals erarbeiteten Prämissen für die Durchführung psycholytischer Psychotherapie erneut breit besprochen. Leider wurde die wichtigste und umfangreichste wissenschaftliche Aufarbeitung unserer damaligen ersten Ausbildungsgruppe durch Roland Abegglen an der Universität Zürich nicht dazu beigezogen. Sie findet im erwähnten Buch, das behauptet, fünfunddreissig Jahre lang sei nicht mehr wissenschaftlich gearbeitet worden (genauso wie die spätere Arbeit von Florian Gastell hier an der Universität Hamburg), eigenartigerweise nicht einmal Erwähnung.

Beteiligt hat sich insbesondere auch MAPS unter der Leitung von Rick Doblin, eine amerikanische Organisation mit dem Namen Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies (http://www.maps.org), welcher die Wiederbelebung der psycholytischen und psychedelischen Psychotherapie sehr am Herzen liegt.

Herausgekommen ist dabei ein wissenschaftliches Werk, das die Ergebnisse unserer damaligen Arbeit neu zusammenfasst und für einen Neubeginn, auf den wir alle hoffen, zur Verfügung stellt.



Persönlich hatte ich mich nach dem Rückzug der Bewilligungen 1993 aus der SÄPT und dem ECBS zurückgezogen, da mir klar wurde, dass vor unserer Pensionierung kaum mehr Bewilligungen gesprochen werden würden. Die jüngeren Kollegen verschrieben sich dem Projekt, mitzuhelfen, die nötige Forschungsarbeit zu leisten, damit dies in ferner Zukunft einmal möglich werden sollte. Was mich betraf, wollte ich lieber einen anderen Weg gehen und vor allem weiterhin therapeutisch und praktisch tätig sein.

Im Buch werden mein Beitrag und meine weitere Entwicklung kritisch gewürdigt. Obwohl dies mit Respekt geschieht, schneide ich dabei nicht besonders gut ab. Das, obwohl ich damals mit die Hauptarbeit geleistet und eines der Zugpferde und vor allem das Herz der Angelegenheit gewesen war. Solche Übergänge lösen in der Regel bei allen Beteiligten allerlei Emotionen aus, da man die Dinge verschieden sieht und nicht das Gleiche will. Mein Abgang aus der SÄPT und dem ECBS wird denn im besagten Buch auch vor dem Hintergrund ideologischer Konflikte gesehen, die damals tatsächlich geführt wurden, wie sie aber in jeder Teamarbeit unvermeidbar sind. Was mich betrifft, sehe ich die Sache so, dass ich lediglich einen anderen Weg einschlagen und die Forschungsarbeit der SÄPT nicht weiterbegleiten wollte, da die alten Ziele (Bewilligungen zu erhalten) nicht mehr erreichbar schienen. Es war für mich ein ganz persönlicher Entschluss, für die Sache selbst zu gehen und das Feld der Forschung anderen zu überlassen. Nichtsdestotrotz stand ich diesem Ansinnen aber immer positiv gegenüber und hoffte eigentlich darauf, dass die Bemühungen meiner damaligen Schüler und Kollegen irgendwann von Erfolg gekrönt sein würden. Dass umgekehrt meiner Person und meiner Tätigkeit gegenüber auch schlechte Gefühle, mit allen Auswüchsen, die daraus kommen, und die ich in meinen Büchern beschrieben habe, aufkommen mussten, habe ich immer bedauert. Aber dies hat wohl jeder zu tragen, der aus einem Bündnis austritt und einen Alleingang riskieren muss, weil er sein Bewusstsein über die Absichten seiner ursprünglichen Zugehörigkeit hinaus entwickeln will.

Auf jeden Fall haben die Bemühungen meiner Kollegen nun nach einer langen Wartezeit einen gewissen Erfolg gezeitigt. Leider hatte ich allerdings auch Recht mit der Vermutung, dass neue Bewilligungen kaum vor unserer Pensionierung oder gar unserem Lebensende zu erwarten sind. Denn ein weiter Weg der klinischen Forschung liegt noch vor uns, bevor Psychotherapie unterstützt durch psychoaktive Substanzen wieder offiziell stattfinden wird. Vorerst werden bescheidene Phase-I Studien bewilligt und durchgeführt, welche die Grundlage bereiten sollen für die späteren viel aufwändigeren Studien der Phase-II und Phase-III, die in einem langwierigen, kostspieligen und Energie raubenden Prozess noch folgen sollen.

Nicht nur in Amerika sind solche Projekte aber in den letzten Jahren und Monaten viel versprechend angelaufen, sondern eben auch in der Schweiz. In Solothurn, das sich in verschiedenen Zusammenhängen immer mehr als neues Zentrum für Bewusstseinsforschung herauszukristallisieren begann, konnten zwei der ehemaligen Ausbildungskandidaten, welche die von der SÄPT ausgerichtete Ausbildung während der legalen Zeit bei mir absolvieren konnten, Dr. Peter Oehen und Dr. Peter Gasser, beide auch niedergelassene Psychiater mit eigenen Praxen, zwei Studien, eine mit MDMA für einige wenige Patienten mit posttraumatischen Belastungsstörungen und eine andere mit LSD für eine geringe Anzahl von Angstpatienten durchsetzen, welche gegenwärtig laufen.



Ich bin einen anderen Weg gegangen. Mein Ziel war es trotz des Verbots von LSD und MDMA weiter psycholytisch zu arbeiten. Ausserdem entwickelte ich mich folgerichtig über die Psychotherapie hinaus und begann mich als spiritueller Lehrer nicht nur mit dem neurotischen Bewusstsein psychisch erkrankter Menschen, sondern auch mit der dringend notwendigen Weiterentwicklung des Bewusstseins so genannt gesunder Menschen und der Menschheit insgesamt zu befassen. Dies schien mir vor dem Hintergrund ökologischer und gesellschaftlicher Krisen, von Armut und Hunger in der Welt absolut unumgänglich.

Weiterhin psycholytisch tätig zu sein, gelang mir durch Umstellung auf leider zwar weniger geeignete, aber legal und im Medikamentenschrank eines Arztes vorhandene psychoaktive Substanzen. Vor allem Ketamin (in der Schweiz Ketalar) und Ephedrin sowie andere erwiesen sich für dieses Vorhaben als genügend brauchbar. Meine Entwicklung zum spirituellen Lehrer und die damit einhergehende Arbeit mit Grossgruppen, aber auch die Auseinandersetzung mit den grossen Tabuthemen der Menschheit (Tabu gegen die Bewusstwerdung überhaupt, Inzesttabu im Speziellen, Tabu bezüglich Geld und Besitz, Tabu bezüglich Tod und Sterben) sowie mein Einsatz für Gemeinschaft stiessen nicht nur meinen Kollegen, sondern zum Teil auch der Öffentlichkeit und der gesamten psychotherapeutisch-psychiatrischen Fachschaft sauer auf, so dass sich daraus immer wieder, vor allem auch durch die vielen Bücher und die darin enthaltenen Konfrontationen, die ich zu diesen Themen publizierte, öffentliche Kontroversen ergaben.

Ein solcher Alleingang ist unerwünscht. Die beschränktere Sicht kann nicht würdigen, dass der Weg der Freiheit auch begangen werden muss und bekämpft ihn deshalb. Dass es genau diese Freiheit und Unschuld gewesen sind, die sich 1985 wider alle Erwartungen und, nachträglich gesehen, wie ein schwer nachzuvollziehendes Wunder weltweit einmalig gegen alle behördlichen Bedenken durchgesetzt haben und das jetzt beforschte damalige Experiment, das als Grundlage die weitere Forschung nun beflügelt, überhaupt ermöglichten, das scheint niemand mehr zu sehen, daran scheint niemand mehr zu denken. Genau dieses damalige, heute als „unwissenschaftlich“ und „überflüssig-provokativ“ (S. 103) gebrandmarkte revolutionäre Verhalten ist jeweils nötig, um Neuerungen und Umwälzungen zu bewirken, welche dann durch Forschung und angepasste Gesellschaft weiterbearbeitet und -organisiert werden können. Dass beide Kräfte, die aufbrechende und die bewahrende, die revolutionäre und die vorsichtige, die mit einem „vereinfachenden spirituellen Jargon“ (S. 103) operierende und die ängstlich-angepasst wissenschaftliche nötig sind, um das evolutionäre Werk, dem wir alle verpflichtet sind, voranzubringen, scheint selten jemand oder höchstens hinterher zu verstehen.

Auch weiter zurückblickend scheint es mir falsch oder zumindest unvollständig zu behaupten, Timothy Leary und die Hippie-Bewegung hätten unnötig kontrovers und polemisch eine hoffnungsvolle Beforschung der Psychoaktiva gestoppt und lahmgelegt. Die Revolution im menschlichen Bewusstsein, welche LSD und ähnliche Substanzen in den 60er Jahren einleitete, und die unumgängliche reaktionäre Gegenbewegung, die darauf folgen musste, erscheinen mir als absolut unvermeidlich dafür, dass in Zukunft in Ruhe über diese Dinge wird geforscht werden können. Im Gegenteil denke ich, dass noch einiges an Revolution und Umwälzung auf verschiedensten Ebenen nötig sein wird, bevor sich ein neues Paradigma, wie es der durch LSD induzierte Bewusstseinsschub bringen wollte, integriert sein wird.



Wenn ich die kritische Würdigung meiner Person und Arbeit in dem zusammenfassenden Werk von Jungaberle lese, fällt mir auf, dass sich innerhalb der Wissenschaft niemand, nicht einmal Bewusstseinsforscher, der Tatsache und ihren Folgen zu stellen scheint, dass wir Menschen bezüglich Bewusstheit keineswegs alle das gleiche Spektrum haben, dass es im Gegenteil möglicherweise bereits ab Geburt oder bestimmt infolge der Lebensführung im Verlauf eines Lebens zur Ausbildung eines ganz unterschiedlichen Bewusstseinsniveaus kommt. Was geschieht, wenn ein beschränktes Bewusstsein ein umfassenderes zu beurteilen versucht? Kann man die Verwirrung, die daraus resultieren muss, irgendwie klären, oder müssen wir mit solchen Gegebenheiten einfach leben? Heilt die Zeit die dadurch verursachten Wunden, die Zeit, in der die allgemeine Bewusstheit weiter heranreift? Wer wird beurteilen, welche Bewusstheit umfassender ist als eine andere? Kann sich lediglich die umfassendere Bewusstheit selbst erkennen? Ist die ganze Angelegenheit einem Tabu unterstellt, weil diese Erkenntnis unabwägbare Konsequenzen nach sich zöge? Und müssen wir auch damit einfach leben, dass die Existenz uns solche Dilemmatas zumutet?

Solche und ähnliche Fragen würden mir interessant erscheinen. Leider kann man sie kaum mit jemandem diskutieren. Wenn man mich zum Beispiel verurteilend folgenderweise zitiert, spricht man genau diese Problematik an: „Ein Therapeut, der nicht völlig ins Herz der Dinge vorgedrungen ist, trägt immer noch einen kleinen oder grossen Rest Verwirrung in sich, und von dieser Verwirrung ist alles durchwirkt, was er tut und sagt. … Nur wer in der Liebe steht, macht keine Fehler mehr. Was er tut, ist in jedem Fall richtig.“ (Ins Herz der Dinge lauschen, 1989) (S. 261)

Der beschränkte Geist fürchtet, wegen der entsprechenden Tendenzen, die er in sich selbst wahrnimmt, dass eine solche Feststellung zu einer Machtstellung des Therapeuten führen könnte, die dieser natürlich ausnutzen wird. Er kann nicht sehen, dass der umfassendere Geist, der Liebe und Mitgefühl wirklich kennt, tatsächlich über diese Dinge hinausgegangen ist.

Spricht daraus einfach Neid, weil man instinktiv fühlt, dass man dies nicht für sich in Anspruch nehmen könnte, in der Liebe zu stehen? Oder darf das einfach nicht wahr sein, dass es ein anderes Mass an Bewusstheit gibt, als das, welches man persönlich kennt? Und nicht wahr sein, dass man dies nicht einmal beurteilen kann, sofern das eigene Bewusstsein eingeschränkter ist? Dient der Vorwurf des Narzissmus – immer schnell zur Hand, sobald einer sich bewusstseinsmässig hervortut – vielleicht auch vor allem dem, dieses Tabu zu bedienen? Wie kommt es dazu, dass man einem anderen abspricht, seinen eigenen Bewusstseinszustand selbst beurteilen zu können, sich selbst aber anmasst, den des anderen beurteilen zu können, dass man also selbst den kritisierten Absolutheitsanspruch für sich reklamiert? Und steckt hinter diesem eigenartigen und allgegenwärtigen Anspruch von Wissenschaft und Gesellschaft auf Absolutismus, den diese doch in anderen sofort als sektiererisch verfolgen, vielleicht genau diese Problematik?

Die Gesellschaft und mit ihr die Wissenschaft, die ihren Herrschenden dient, behauptet, beurteilen zu können, was gut und richtig ist. Zum Beispiel, dass Psychotherapie beschränkt bleiben und nicht missionarisch werden darf. Auch sie hat also ihren Absolutheitsanspruch. Genau den kritisiert sie aber an jedem, der, auf sich gestellt, einfach sieht, wie die Dinge liegen. Wissenschaft stellt sich als objektive Betrachterin von Phänomenen, zum Beispiel der Forscher und der Untergrundtherapeuten in unserer Sache im vorliegenden Buch, dar. Gleichzeitig bezieht sie Stellung, masst sich an, beurteilen zu können, was das Gute ist, erhebt damit einen Allwissenheitsanspruch, den sie dann wieder kritisiert bei der freien Bewusstheit. Was sie dort als narzisstische Überheblichkeit kritisiert, tut sie selbst. Und outet sich damit als die schlimmste und totalitärste aller Sekten. Es sei denn, Wissenschaft verkörpert die umfassendste und freiste Bewusstheit unter uns Menschen. Aber tut sie das? (S. 103-106)

Lauter interessante Fragen, die es sich lohnen würde, weiterzuverfolgen. Die man aber wohl nicht stellen darf?

Wissenschaftliche Forschung, therapeutische Arbeit ganz allgemein, aber auch gesellschaftliches Funktionieren überhaupt erfolgt in einem Verhaltens- und Verstehensrahmen, der vorgegeben und bei schweren Sanktionen nicht zu hinterfragen ist. Nur darin darf man sich bewegen. Was ich übrigens durchaus verstehen kann. Für die momentan vorherrschende Bewusstheit in der Menschheit gibt es wohl nichts anderes als totalitär durchgesetzte Regeln, Gebote, Verbote, Tabus und Gesetze. Auch das habe ich immer deutlich vertreten. Um in selbstverantworteter Freiheit zu leben, müssten wir als Menschen bewusstseinsmässig zuerst einen grossen Schritt machen. Als „allgemein anerkannte Lehrmeinung“, als „offizielle Moral“ oder gar als „wissenschaftliche Haltung“ etc. scheint aber der vorgegebene Verhaltenskodex gottgegeben im Hintergrund zu schweben und mit einem Absolutheitsanspruch ausgestattet zu sein, wie ihn keine Sekte durchsetzen könnte. Gleichzeitig verfolgt genau diese Gesellschaft und Wissenschaft jedoch so genanntes sektiererisches Verhalten. Denn nur sie hat Anrecht auf einen solchen Anspruch. Und diesen Anspruch würde ich ihr sogar gerne zugestehen, wenn sie tatsächlich die Anführerin der evolutionären Bewusstseinsrevolution wäre. Aber das ist lange schon vorbei. Wenn man schon so beschränkt ist, dass man unbedingt Regeln braucht, um sich anständig zu verhalten, wäre es ja vielleicht möglich als nächsten Schritt, Regeln zu entwerfen, die wenigstens die ganze Menschheit berücksichtigen und alle Menschen halbwegs bedienen und glücklich machen. Der Vision, als befreite, erwachte Geister in vollkommener Freiheit und Eigenverantwortung und ohne jedes Tabu und Gebot diese Erde zusammen zu bevölkern, kämen wir auf jeden Fall ein Stückchen näher.

Etwas, was von der Wissenschaft nie und nirgends berücksichtigt wird – eigenartigerweise nicht einmal in der Bewusstseinsforschung – ist die Tatsache, dass es Menschen von verschiedenem Bewusstheitsgrad gibt. Und dies, obwohl verschiedene spirituelle Traditionen seit Jahrtausenden darauf hinweisen. Dies scheint ein Tabu zu sein, geschützt dadurch, dass, wer es entschleiert, als narzisstisch und damit nicht ernst zu nehmend gilt. Dadurch kommt es immer wieder zu diesen merkwürdigen Situationen, in denen ein beschränkteres Bewusstsein ein umfassenderes Bewusstsein zu beurteilen versucht, was natürlich nie und nimmer möglich ist.

Eine umfassendere Bewusstheit zu haben, heisst zum Beispiel, mit seinem Bewusstsein mehr als nur die eigene Sichtweise umschliessen und berücksichtigen zu können, nämlich im Tanz der Ganzheit immer auch die aller anderen erfassen und nachvollziehen zu können. Man nennt dies Mitgefühl.

Eine beschränktere Bewusstheit hingegen findet zum Beispiel, jedermann müsse ihre eigene, und das heisst dann, „richtige“, „gesellschaftlich respektierte“, „wissenschaftlich anerkannte“, „allgemein verbreitete Lehrmeinung“ annehmen. Sie hat nicht die Grösse, sich in andere Standpunkte einzufühlen und ihr eigenes Konzept durch Integration dieser Sichtweisen allenfalls zu korrigieren und zu erweitern.

Tatsächlich gibt es natürlich Menschen, die im Verlauf ihres Lebens ihr Bewusstsein weit über das anderer hinausentfalten und es scheint auch menschliche Wesen zu geben, die bereits mit einem herausragenderen Bewusstsein im Vergleich zum Durchschnitt geboren werden. Warum auch immer scheint es genauso wie in Bezug auf die Intelligenz darin grosse Unterschiede zu geben.

Und dies impliziert natürlich, dass ein umfassenderes Bewusstsein von einem weniger umfassenderen gar nicht erfasst und dass lediglich ein umfassenderes Bewusstsein diese Tatsachen überhaupt beurteilen und würdigen kann. Die unbeschränkte Macht, die ihm dies, wie bereits erwähnt allerdings nur scheinbar, gibt und die Angst davor scheint für das Tabu in diesem Bereich verantwortlich zu sein.

Persönlich war ich immer allen Bestrebungen wohlgesonnen, die sich um die Etablierung der psychoaktiven Substanzen in der Welt bemühen, auch den wissenschaftlichen. Vielleicht ist es ein unumgängliches Zeichen von eingeschränkterem Bewusstsein, dass dieses grösseres Bewusstsein fürchtet, es bekämpfen und sich davon abgrenzen muss. Denn die einzige andere Alternative wäre ja, diesem zu folgen, sich von ihm anführen zu lassen.

Einen speziellen Auswuchs dieser Problematik, dass eine kleinere Bewusstheit eine grössere nicht erfassen oder zumindest nicht richtig interpretieren kann, können wir übrigens momentan, im gegenwärtigen „Darwin-Jahr“ in den vielen Artikeln zur Evolutionstheorie beobachten: Eine Frage, ob Gott, also eine allumfassende Bewusstheit, existiert, kann sinnvollerweise eigentlich nur eine Bewusstheit stellen und beantworten, die selbst allumfassend ist. Ein beschränkter Geist wird lediglich spekulieren und Verwirrtheiten dazu äussern können.



Seit 1993 war die Arbeit mit psycholytischen Substanzen also wieder in den Untergrund verbannt, ECBS und SÄPT schlummerten vor sich hin. Beide Bewegungen, die therapeutische und die wissenschaftliche, taten im Stillen ihre Arbeit und bereiteten die kommenden öffentlichen Auftritte vor. Beide haben dabei ihre Erfolge vorzuweisen.

Die wissenschaftliche Sektion schaffte es, dass damalige Schüler von mir nun Studien, welche die Grundlage legen für eine Wiedereinführung der verbotenen Substanzen ins offizielle Heilersystem, durchführen dürfen. Im Dialog zwischen Universität, Forschung und weltweiter Vernetzung verarbeitet die SÄPT die Vergangenheit in einem Buch, wie ich es nun hier vorstellen kann, „Therapie mit psychoaktiven Substanzen“, in dem im Wesentlichen die damals erarbeiteten Kriterien für Ausbildung, Forschung und Therapie vorgelegt werden.

Die Untergrundtherapeuten, welche für sich reklamieren, dass, was illegal ist, nicht unbedingt auch illegitim sein muss, hielten ihrerseits die Sache lebendig, indem sie unter grossem Risiko ihre Arbeit, nämlich die Bewusstheit der Menschen zu heilen und zu erhöhen, im Untergrund oder zumindest in Grauzonen der Legalität verrichten. Sie haben riesige Vernetzungen bezüglich Therapieausbildung, Supervision und ritueller Verwendung psychoaktiver Substanzen geschaffen und vorbereitet, die im Moment noch nicht offen in Erscheinung treten dürfen. In Amerika und in Europa stehen unzählige, gut vorbereitete Therapeuten bereit für eine Zeit, die noch kommen soll und kommen wird.



Im Buch wird, wie bereits ausgeführt, auch mein Verdienst und damit das Verdienst dieser therapeutischen Richtung kritisch gewürdigt. Die Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg, welche die SÄPT-Mitglieder und viele andere Untergrundtherapeuten interviewte, hat dieses erste Ergebnis in Form dieses Buches geliefert. Weitere Bücher, welche nicht nur die SÄPT, sondern die ganze Untergrundszene beleuchten sollen, so wurde ich informiert, sollen folgen.

Besonders gut schneide ich, wie gesagt, nicht ab bei dieser Würdigung. Allerdings zollt man mir auch Respekt und würdigt meine Verdienste um die Sache. Auch die Kontroverse zwischen mir und anderen SÄPT-Leuten, welche eigentlich die Kontroverse zwischen den zwei Bewegungen therapeutisch-praktisch contra theoretisch-wissenschaftlich ist, wird diskutiert.

Wichtig darin sind, wie ausgeführt, die Fragen, ob ein kleineres Bewusstsein ein grösseres überhaupt beurteilen kann, wer entscheiden könnte, wo mehr Bewusstheit vorhanden ist, wenn nicht dieses Bewusstsein selbst, und ob das Aufkommen solch verschiedener Bewegungen nicht auch ein Ausdruck verschiedener Bewusstseinsstufen darstellt. Führt ein Verbot wie zum Beispiel das der psychoaktiven Substanzen bei einer wenig erwachten Bewusstheit einerseits zu Angst, die Angst dann zu Anpassung und diese wiederum dazu, dass eher ein wissenschaftlicher und „korrekter“ Weg begangen wird, währenddem in einem anderen Bewusstsein das Verbot eine mutige Haltung aktiviert, die aus der Fähigkeit zum Alleinstehen kommt, welche mit einer wacheren Bewusstheit einhergeht, aus der dann ein revolutionärer Weg als Pionier im Untergrund resultiert?

Wenn man als Aussenseiter viele Anfeindungen überlebt hat wie ich, beginnt man die Dinge immer mehr mit Humor zu nehmen. Man verliert die Angst und sieht, meistens wird viel Wind um nichts gemacht. Das habe ich erst mit dem allmählichen Erwachen gemerkt, wie eng das Bewusstsein der meisten Menschen ist, und wie sinnlos es daher ist, es anzusprechen, als könnte es tiefen Gedanken folgen. Trotzdem finde ich es nach wie vor wichtig, diese Dinge einfach in die Welt zu setzen, damit sie für eine spätere Zeit, die noch kommen wird, dann da sind. Wichtig wäre, dass sich die beiden Bewegungen nicht bekämpfen – das Buch ist wenigstens teilweise ein guter Ansatz dafür –, sondern gegenseitig unterstützen. Wichtig wäre, dass man im „Obama“-Zeitalter, das nun hoffentlich angebrochen ist, zurückfindet zum Dialog, zum Einbinden aller Kräfte, zum Würdigen der Bewusstheitshierarchie, die es nun einmal gibt. Daraus käme Emergenz, das neue Zeitalter der Selbstorganisation, wie es der Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin in seinem spannenden Buch „Abschied von der Weltformel/Die Neuerfindung der Physik“ angekündigt hat.

Veränderungen sind dringend heute und nicht erst morgen nötig. Es braucht auch die Kräfte, die sich anlegen, die den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn wir nur auf diejenigen setzen, die langsame Veränderungen anpeilen, die niemanden verärgern sollen, und die dabei zuschauen beziehungsweise verdrängen und in Kauf nehmen, dass eine Milliarde Menschen in Armut und Hunger verkommen und jeden Tag hunderttausend davon in der Folge sterben müssen, werden wir untergehen, bevor diese langsamen Veränderungen sich durchgesetzt haben. Ich sehe mich als Betroffenen, und Betroffene müssen das Recht haben zu schreien. In einer Zeit, da wir infolge beschränkter Bewusstheit und einem Festhalten an überholten Werten und Weltsichten, von Finanz- und Ökokrisen sowie Kriegsbedrohungen geschüttelt und vom allgemeinen Untergang bedroht sind, darf man die Welt nicht nur jenen Kräften überlassen, die es allen Recht machen wollen. Die langsamen Kräfte, das heisst die ängstlichen und bewusstseinsmässig beschränkteren können dann wieder hinterherkommen und die Sache organisieren. Darin waren sie schon immer gut. Für eine Revolution sind sie aber nicht zu gebrauchen. Revolution, Umsturz ist aber immer wieder nötig. Und heute vor allem innere, bewusstseinsmässige Revolution. Wenn sich eine solche nicht bald und grundlegend durchsetzt, sind wir als Menschheit verloren. Und Psycholyse, in ihrem Herzen, das Einnehmen von psycholytischen Substanzen, das ist Revolution!

Ich zitiere dazu Stanislav Grof aus dem besprochenen Buch „Therapie mit psychoaktiven Substanzen“, das von Henrik Jungaberle und seinen Kollegen herausgegeben wurde:

„Ich persönlich glaube, dass die Beobachtungen aus diesen Forschungen das Potenzial haben, eine Revolution hinsichtlich des Verständnisses der menschlichen Psyche und des Bewusstseins zu entfachen, die durchaus vergleichbar ist mit den konzeptuellen Umwälzungen, die die moderne Physik in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hinsichtlich der Theorien über die Materie erlebte. Dieses neue Wissen könnte ein integraler Bestandteil eines umfassenden wissenschaftlichen Paradigmas des 21. Jahrhunderts werden…

… (allerdings) hat die westliche, industrialisierte Zivilisation bisher beinahe alle ihre Entdeckungen missbraucht und daher bleibt kaum zu hoffen, dass Psychedelika hier eine Ausnahme darstellen werden – es sei denn, wir erreichen als Kollektiv ein höheres Niveau an Bewusstheit und emotionaler Reife. Ob die Psychedelika wieder ihren Weg zurück in die Seelenheilkunde finden und erneut ein Teil des therapeutischen Rüstzeugs sein werden oder nicht, ist ein komplexes Problem, dessen Lösung sehr wahrscheinlich nicht nur durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen bestimmt werden wird, sondern auch von einer Reihe politischer, rechtlicher, wirtschaftlicher und kulturpsychologischer Faktoren abhängt. Dennoch glaube ich, dass die westliche Gesellschaft derzeit sehr viel besser gerüstet ist, Psychedelika zu akzeptieren und zu integrieren, als dies in den 1950er Jahren der Fall war.“ (S. 384-86)



Die aktuelle Situation in Europa, weltweit, der Schweiz oder in Deutschland ist also immer noch ähnlich wie 1986 oder 1993, wenn auch Hoffnung spendende Zeichen bezüglich einer Veränderung zu bemerken sind. Die Richtung ist sicher gut; aber es wird bestimmt noch Jahre dauern, bis die wissenschaftliche Forschungsarbeit, der Weg, der von der Angst über die Anpassung geht, sich durchgesetzt hat, so dass Ausbildung und Therapie (und das dann vorerst auch nur durch eine Elite von speziell ausgebildeten Medizinern) wieder möglich sein wird. Meine damalige Einschätzung, dass dies zu unseren Lebzeiten oder auf jeden Fall vor unserer Pensionierung nicht eintreten wird, scheint richtig zu sein. Gleichzeitig habe ich immer gesehen, anerkannt, gewürdigt, dass diese Bestrebungen absolut unumgänglich sind.

Andererseits leben wir jetzt, wollen wir jetzt die unabdingbar notwendigen Veränderungen im menschlichen Bewusstsein einleiten und daher mit den Möglichkeiten arbeiten, die die besten sind, und auch als Menschen, nicht nur als Patienten von ihrem Potenzial profitieren.

Deshalb haben wir Grauzonen gefunden (Ketamin, Ephedrin und so weiter), Ausweichsmöglichkeiten, um im Untergrund weiterwirken zu können. Und schliesslich ist unser letztliches Ziel überhaupt nicht, dass eine herrschende Schicht von Ärzten und Psychiatern diese Substanzen vereinnahmen und in einem beschränkten Rahmen verwalten und applizieren wird. Unser Ziel war immer, einem freien, sich selbst verantwortenden Geist einen freien Zugang dazu und damit zur Möglichkeit von Bewusstheitsentfaltung zu verschaffen.

Damit gehen wir offenbar mit Rick Doblin, dem Begründer von MAPS, der amerikanischen Vereinigung für Psychedelische Studien, welche auch die Arbeit meiner Schüler und Kollegen in Solothurn unterstützt und fördert, einig. Obwohl wir, wie gesagt, den zeitlichen Rahmen weniger günstig einschätzen. Ich zitiere nochmals aus dem Buch „Therapie mit psychoaktiven Substanzen“:

„Wir haben die Chance, binnen der nächsten zehn Jahre die Genehmigung für den legalen medizinischen Einsatz von Psychedelika zu erhalten. Ausserdem gibt es in den westlichen Gesellschaften parallel eine Bewegung hin zur Zulassung von Psycheledika für die Anwendung in spirituellen und religiösen Kontexten als Teil der individuellen Freiheit zur Religionsausübung. Auch generell wächst in der Gesellschaft die Unzufriedenheit bezüglich der rein auf Verboten basierenden Drogenpolitik.“ (S.374)





Keine Macht den Drogen?

Im Titel haben wir den Slogan der deutschen Politiker in Frage gestellt.

Wäre „Alle Macht den Drogen!“ die bessere Alternative? So würde ich es sicher nicht formulieren, das wäre unreif und kindisch. Aber wie wäre es mit „Alle Macht der Bewusstheit“?

Ja, alle Macht der Bewusstheit und ihrer freien Entfaltung, die durch psychoaktive Substanzen bei richtigem Set und Setting gefördert werden kann.

So ganz nebenbei wird in dem Buch eigentlich auch der Unterschied zwischen therapeutischem Wirken und spirituellem Lehren (im Buch Schamanismus) festgehalten.

Im therapeutischen Prozess tut der Patient die ganze Arbeit. Er offenbart den Stand seiner Bewusstheit und entleert den ganzen Inhalt seines Bewusstseins – Ängste, Schmerz, unerledigte Geschichten – in die Aufmerksamkeit des Therapeuten, der dies alles mit seiner Stille auffängt, so dass der Patient darin heilen und wachsen kann. Im Prozess des spirituellen Lehrens oder schamanistischen Heilens tut der Heiler oder Lehrer die ganze Arbeit. Er flutet mit seiner umfassenderen Bewusstheit und den reiferen Inhalten seines Bewusstseins – Liebe, Frieden, Losgelöstheit, Freiheit, Freude usw. – das Bewusstsein der Hilfesuchenden und gibt ihnen damit die Chance, neue Räume in sich zu entdecken (den Montagepunkt der Wahrnehmung zu verschieben). In gewisser Weise beschreibt dies auch den Unterschied zwischen psycholytischer und psychedelischer Psychotherapie. Erstere hilft dem Klienten, sich selbst zu entdecken, letztere öffnet ihn für das, was grösser ist als er, was über ihn hinausgeht. Eine beschränktere Bewusstheit beim Therapeuten, die nur wenig über die des Patienten hinausreicht, kann diesen zur Arbeit an sich anregen. Eine grössere, umfassendere, ganzere Bewusstheit des Heilers, die diese des Patienten weit übersteigt, kann diesen direkt in neue Räume führen. In diesem Sinne war für mich der Erfolg der Einnahme von psychoaktiven Substanzen, wie Grof es ausdrückt in dem Buch, immer sehr mit Set und Setting, und das heisst vor allem auch mit den Bewusstseinsqualitäten des sie verschreibenden Therapeuten oder Heilers verbunden. Ein beschränkter Geist wird allein durch die Substanzen nicht sehr weit reisen und ohne die Initialzündung durch die umfassendere Bewusstheit des Heilers nicht sehr tief tauchen können. Trotzdem habe ich bezüglich dieser zwei unterschiedlichen Stränge, therapeutisch oder schamanisch, psycholytisch oder psychedelisch, immer vertreten, dass sie einander ergänzen und beide an ihrem Platz ihre Berechtigung haben.

Ein umfassenderes Bewusstsein als andere zu haben stellt einen in keiner Weise über diese. Es hat nichts zu tun mit Macht oder einem Machtanspruch. Im Gegenteil heisst es, mitten unter alle und alles gestellt zu sein, in eine grössere Verantwortung und Verletzlichkeit, in ein zusätzliches Tragen. Es heisst, neben die anderen gestellt zu sein in ein bedingungsloses Mitfühlen und eine totale Hingabe an diese. Es beinhaltet das, was zum Beispiel im Raja-Yoga, einer uralten, indischen, spirituellen Tradition, der höchsten Form des Yogas, verwirklicht wird, nämlich eine alles umfassende Lebensform, ein geordnetes Gehirn, einen bewussten Körper, das ganze Leben diszipliniert und tugendhaft-moralisch durchwirkt. Es beinhaltet, eine stille Aufmerksamkeit zu sein, der keine Bewegung der Gedanken und des Körpers entgeht; kein Gefühl ist darin nicht wahrgenommen und von Moment zu Moment beobachtet. Und das Ganze ohne jede Kontrolle, eine reine Übung der Aufmerksamkeit und Bewusstheit. Das, was in einer anderen spirituell hochstehenden Tradition der Vergangenheit, dem Nagualismus der Schamanen Mexikos als Meisterschaft des Herzenskriegers bezeichnet wurde, ein makelloses Leben eines alle Energie umfassenden Gewahrseins. Beachten Sie dazu, falls es Sie interessiert, zum Beispiel die momentan im Newsletter von http://www.world-wide-magic-movement.org veröffentlichten Kriegertexte. (Das WorldWideMagicMovement wurde kürzlich von einer Meisterklasse von Psycholysetherapeuten aus der Taufe gehoben.)

Literaturverzeichnis





Henrik Jungaberle, Peter Gasser, Jan Weinhold, Rolf Verres (Herausgeber)

Therapie mit psychoaktiven Substanzen

Praxis und Kritik der Psychotherapie mit LSD, Psilocybin und MDMA

Huber-Verlag, Bern, 2008



Roland Abegglen

Psycholytische Psychotherapie

Katamnestische Auswertung von Psycholyseprotokollen und Fragebogen von Ausbildungskandidaten mit Bezugnahme zu Ergebnissen aus der klinischen Literatur

Universität Zürich, Lizenziatsarbeit, Professor Dr. med. Daniel Hell und Dr. H.-M. Zöllner, Juni 1996



Peter Gasser

Die psycholytische Psychotherapie aus der Sicht der Patienten

Eine katamnestische Erhebung

Kantonale Psychiatrische Klinik Solothurn, Juli 1994



Florian Gastell

Bewusstseinsverändernde Substanzen als Hilfsmittel in der Psychotherapie

Gespräche mit Teilnehmenden einer psycholytischen Gruppentherapie

Universität Hamburg, Diplomarbeit Psychologie, Dr. Dorothee Wienand-Kranz und Prof. Dr. Inghard Langer, September 2005



Ernst Benz

Halluzinogen-unterstützte Psychotherapie

Erhebung bei der Schweizerischen Ärztegesellschaft für Psycholytische Psychotherapie

Universität Zürich, Dissertation, Prof. Dr. med. C. Scharfetter, Zürich 1989



Robert B. Laughlin

Abschied von der Weltformel

Die Neuerfindung der Physik

Piper Verlag, München 2007



Eberhard und Eike Hamer

Was tun, wenn der Crash kommt?

Wie sichere ich mein Vermögen oder Unternehmen?

Olzog Verlag, München, (10. Auflage), 2008



Gerald Hüther

Biologie der Angst: Wie aus Stress Gefühle werden

Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997



Samuel Widmer

Ins Herz der Dinge lauschen: Vom Erwachen der Liebe/ Über MDMA und LSD: Die unerwünschte Psychotherapie; Nachtschatten-Verlag, Solothurn 1989, 6. Auflage 2005







Samuel Widmer

Essenz schauen: Vom Ruhen im Urgrund des Seins/ Die Spiritualität beginnt im Becken: Ein Buch über Freundschaft und Esoterik; Basic Editions 1998
Tatzuwurm

Re: Samuel Widmer und die SAeP

Beitrag von Tatzuwurm »

:lol: /color :lol:
Benutzeravatar
_INTER_
Silver Member
Silver Member
Beiträge: 126
Registriert: Do 10. Dez 2009, 13:08

Re: Samuel Widmer und die SAeP

Beitrag von _INTER_ »

Hans mal chli duregfloge, aber ich hoff es paar Lüüt vo SwissMedic hend dem Vortrag zueglost :-)
Süscht müsst mer mal es Email schicke oder so...
Coookieees!
Antworten