Persönliche Veränderung durch Drogen

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boddl
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Re: Persönliche Veränderung durch Drogen

Beitrag von boddl »

: unendlichkeit sich mit den gedanken vorzustellen ist nicht möglich, für mich auf jedenfalls nicht und es braucht es auch nicht. der Endlichkeit begegnen wir tagtäglich, und das ich unendlich bin ist nur eine illusion, so wie jeder tag endet, so wie jedes leben endet, endlichkeit, auch wenn man sie am liebsten nicht wahhaben will gehört zur materie, gehört zur polarität, gehört zur realität.
Die Endlichkeit von Dingen und die eines Lebens kann ich mir vorstellen. Dachte wir sind bei Raum und Zeit, da sehe ich nur Unendlichkeit

um die Welt lieben zu lernen, um sie nicht mehr mit irgendeiner von mir gewünschten, von mir eingebildeten Welt zu vergleichen, einer von mir
ausgedachten Art der VollkommenhReit, sondern sie zu lassen, wie sie ist, und sie zu lieben, und ihr gerne anzugehören.
Genau das wollte ich ausdrücken, dass hat nichts damit zu tun wie du es interpretiert hast.
das nenne ich positives denke.......einfach das alles seine richtigkeit besitzt ob ich das nun verstehe oder nicht ;)
Leuchtherz
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Re: Persönliche Veränderung durch Drogen

Beitrag von Leuchtherz »

boddl hat geschrieben:
um die Welt lieben zu lernen, um sie nicht mehr mit irgendeiner von mir gewünschten, von mir eingebildeten Welt zu vergleichen, einer von mir
ausgedachten Art der VollkommenhReit, sondern sie zu lassen, wie sie ist, und sie zu lieben, und ihr gerne anzugehören.
Genau das wollte ich ausdrücken, dass hat nichts damit zu tun wie du es interpretiert hast.

das nenne ich positives denke.......einfach das alles seine richtigkeit besitzt ob ich das nun verstehe oder nicht
das mit dem stetig sie "zu lassen, sie zu lieben, und ihr gerne anzugehören" ist noch ausbaufähig bei mir ;)
Verzweifle nicht an der Gewichtigkeit der Dinge,
neben Elefanten gibt's auch

SchMetteRlinge

(Harry Pegas)
boddl
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Re: Persönliche Veränderung durch Drogen

Beitrag von boddl »

Da bist sicher nicht alleine damit. Wünschte ich wäre darin auch besser /color
Pufflibäng

Re: Persönliche Veränderung durch Drogen

Beitrag von Pufflibäng »

Leuchtherz hat geschrieben:@Pufflibäng

mmmh... ich versuche es...
als erstes möchte ich aber das gesagte von jeglicher moralvorstellung “befreien“
Dies, weil es mir selbst oftmals nicht gelingt... Schon mein Satz oben “birgt die gefahr“ war im nachhinein betrachtet unglücklich formuliert. Es ist eher eine logische konsequenz das man dies tut, sich mit materie, sich mit realität zu identifizieren und mit ihr „Kinder“ zu haben /color

Auch begriffe wie Karma, Schuld, sünde sollten von der moral losgelöst betrachtet werden.
Tut man dies nicht kommt man in eine verwicklung, stellt sich das ganze liniar, logisch und
ganz erfassbar vor. Wir werden aber nur bis zur hälfte das erfassen können was ist, was das sein ist, was das selbst ist.

Das Ich will wahr-nehmen, will unterscheiden, will die Dinge einzeln betrachten. Solange das Ich aber in der Ganzheit aufgelöst ist kann es dieses nicht tun. Es will also zum Ich werden und dabei “ermordet“ es in sich “Gott“. (bitte ohne moral betrachten). Dieser “Mord“ nimmt das ich nicht mal als solches war, hält ihn für belanglos, ja denkt nicht das es gerade Gott in sich getötet hat um sein eigenes dasein überhaupt wahrzunehmen. Gut und Böse wahr zu nehmen, schön und unschön, hell und dunkel usw. dafür ist die Materie da, die realität, um dieses überhaupt wahr nehmen zu können. Jetzt vergisst das ich in dieser realität woher es ist, und denkt es gehöhre zur realität und sei aus ihr entsprungen. Dabei ist die Realität aus seinem wunsch ein ich zu sein entstanden. Das Gefühl der Zugehörigkeit zur realität ist ja auch normal, weil es wahr ist, weil man ein teil der realität ist, ja sogar der schöpfer von ihr ist.
Jetzt geht man aber beziehungen ein mit Welt, die im hintergrund immer ganz ist und bleibt.
Diese beziehung, diese identifikation des geistigen ichs mit einem pol der materiellen welt will dem ich seine Ganzheit aber immer zeigen. das ich will schön sein, dann zeigt die ganzheit unschöne welt, so ist ich und welt ganz.

Erst wenn das ich dies anerkennt, dies “ich trage auch den anderen teil in mir", erst dann wird es befreit von der illusion getrennt zu sein (in den östlichen lehren spricht man von seiner mitte finden).

Die “Kinder“ die wir gezeugt haben mit der Welt werden uns daran erinnern unsere Mitte zu finden, zur wahrheit zurück zu finden. Oder in der ver-zwei-flung zu enden, in der polaren realität die wahrheit zu suchen und von jedem Ding zwei vorzufinden die es als ich nur getrennt wahrzunehmen möglich ist. Der Mensch und sein ich brauchen eine verbindung der zwei pole die aber ein ich für sich nicht finden kann.

um den Link zum "back on topic" wieder zu finden.... wenn man meine "Betrachtungsweise" liest sieht man was "Drogen" bewirken können ;) (sei abgeschrekt oder entzückt ;) )

zum oben "erkläten" auch noch ein Auszug aus Hermann Hesses Siddhartha

Als es am andern Morgen Zeit war, die Tageswanderung anzutreten, da sagte Govinda, nicht ohne Zögern, die Worte: "Ehe ich meinen Weg fortsetze, Siddhartha, erlaube mir noch eine Frage. Hast du eine Lehre? Hast du einen Glauben, oder ein Wissen, dem du folgst, das dir leben und rechttun hilft?"
Sprach Siddhartha: "Du weißt, Lieber, daß ich schon als junger Mann, damals, als wir bei den Büßern im Walde lebten, dazu kam, den Lehren und Lehrern zu mißtrauen und ihnen den Rücken zu wenden. Ich bin dabei geblieben. Dennoch habe ich seither viele Lehrer gehabt. Eine schöne Kurtisane ist lange Zeit meine Lehrerin gewesen, und ein reicher Kaufmann war mein Lehrer, und einige Würfelspieler. Einmal ist auch ein wandernder Jünger Buddhas mein Lehrer gewesen; er saß bei mir, als ich im Walde eingeschlafen war, auf der Pilgerschaft. Auch von ihm habe ich gelernt, auch ihm bin ich dankbar, sehr dankbar. Am meisten aber habe ich hier von diesem Flusse gelernt, und von meinem Vorgänger, dem Fährmann Vasudeva. Es war ein sehr einfacher Mensch, Vasudeva, er war kein Denker, aber er wußte das Notwendige so gut wie Gotama, er war ein Vollkommener, ein Heiliger."
Govinda sagte: "Noch immer, o Siddhartha, liebst du ein wenig den Spott, wie mir scheint. Ich glaube dir und weiß es, daß du nicht einem Lehrer gefolgt bist. Aber hast nicht du selbst, wenn auch nicht eine Lehre, so doch gewisse Gedanken, gewisse Erkenntnisse gefunden, welche dein eigen sind und die dir leben helfen? Wenn du mir von diesen etwas sagen möchtest, würdest du mir das Herz erfreuen." Sprach Siddhartha: "Ich habe Gedanken gehabt, ja, und Erkenntnisse, je und je. Ich habe manchmal, für eine Stunde oder für einen Tag, Wissen in mir gefühlt, so wie man Leben in seinem Herzen fühlt. Manche Gedanken waren es, aber schwer wäre es für mich, sie dir mitzuteilen. Sieh, mein Govinda, dies ist einer meiner Gedanken, die ich gefunden habe:
Weisheit ist nicht mitteilbar. Weisheit, welche ein Weiser mitzuteilen versucht, klingt immer wie Narrheit."
"Scherzest du?" fragte Govinda. "Ich scherze nicht. Ich sage, was ich gefunden habe. Wissen kann man mitteilen, Weisheit aber nicht. Man kann sie finden, man kann sie leben, man kann von ihr getragen werden, man kann mit ihr Wunder tun, aber sagen und lehren kann man sie nicht. Dies war es, was ich schon als Jüngfing manchmal ahnte, was mich von den Lehrern fortgetrieben hat.
Ich habe einen Gedanken gefunden, Govinda, den du wieder für Scherz oder für Narrheit halten wirst, der aber mein, bester Gedanke ist. Er heißt: Von jeder Wahrheit ist das Gegenteil ebenso wahr! Nämhch so: eine Wahrheit läßt sich immer nur aussprechen und in Worte hüllen, wenn sie einseitig ist. Einseitig ist alles, was mit Gedanken gedacht und mit Worten gesagt werden kann, alles einseitig, alles halb, alles entbehrt der Ganzheit, des Runden, der Einheit. Wenn der erhabene Gotama lehrend von der Welt sprach, so mußte er sie teilen in Sansara und Nirvana, in Täuschung und Wahrheit, in Leid und Erlösung. Man kann nicht anders, es gibt keinen andern Weg für den, der lehren will. Die Welt selbst aber, das Seiende um uns her und in uns innen, ist nie einseitig. Nie ist ein Mensch, oder eine Tat, ganz Sansara oder ganz Nirvana, nie ist ein Mensch ganz heilig oder ganz sündig. Es scheint ja so, weil wir der Täuschung unterworfen sind, daß Zeit etwas Wirkliches sei. Zeit ist nicht wirklich, Govinda, ich habe dies oft und oft erfahren. Und wenn Zeit nicht wirklich ist, so ist die Spanne, die zwischen Welt und Ewigkeit, zwischen Leid und Seligkeit, zwischen Böse und Gut zu liegen scheint, auch eine Täuschung." "Wie das?" fragte Govinda ängstlich.
"Höre gut, Lieber, höre gut! Der Sünder, der ich bin und der du bist, der ist Sünder, aber er wird einst wieder Brahma sein, er wird einst Nirvana erreichen, wird Buddha sein—und nun siehe: dies 'Einst' ist Täuschung, ist nur Gleichnis! Der Sünder ist nicht auf dem Weg zur Buddhaschaft unterwegs, er ist nicht in einer Entwickelung begriffen, obwohl unser Denken sich die Dinge nicht anders vorzustellen weiß. Nein, in dem Sünder ist, ist jetzt und heute schon der künftige Buddha, seine Zukunft ist alle schon da, du hast in ihm, in dir, in jedem den werdenden, den möglichen, den verborgenen Buddha zu verehren. Die Welt, Freund Govinda, ist nicht unvollkommen, oder auf einem langsamen Wege zur Vollkommenheit begriffen: nein, sie ist in jedem Augenblick vollkommen,
alle Sünde trägt schon die Gnade in sich, alle kleinen Kinder haben schon den Greis in sich, alle Säuglinge den Tod, alle Sterbenden das ewige Leben. Es ist keinem Menschen möglich, vom anderen zu sehen, wie weit er auf seinem Wege sei, im Räuber und Würfelspieler wartet Buddha, im Brahmanenwartet der Räuber. Es gibt, in der tiefen Meditation, die Möglichkeit, die Zeit aufzuheben, alles gewesene, seiende und sein werdende Leben als gleichzeitig zu sehen, und da ist alles gut, alles vollkommen, alles ist Brahm an. Darum scheint mir das, was ist, gut, es scheint mir Tod wie Leben, Sünde wie Heiligkeit, Klugheit wie Torheit, alles muß so sein, alles bedarf nur meiner Zustimmung, nur meiner Willigkeit, meines liebenden Einverständnisses, so ist es für mich gut, kann
mich nur fördern, kann mir nie schaden. Ich habe an meinem Leibe und an meiner Seele erfahren, daß ich der Sünde sehr bedurfte, ich bedurfte der Wollust, des Strebens nach Gütern, der Eitelkeit, und bedurfte der schmählichsten Verzweiflung, um das Widerstreben aufgeben zu lernen, um die Welt lieben zu lernen, um sie nicht mehr mit irgendeiner von mir gewünschten, von mir eingebildeten Welt zu vergleichen, einer von mir
ausgedachten Art der VollkommenhReit, sondern sie zu lassen, wie sie ist, und sie zu lieben, und ihr gerne anzugehören.—Dies, o Govinda, sind einige,von den Gedanken, die mir in den Sinn gekommen sind." Siddhartha bückte sich, hob einen Stein vom Erdbodene auf und wog
ihn in der Hand.
"Dies hier," sagte er spielend, "ist ein Stein, und er wird in einer bestimmten Zeit vielleicht Erde sein, und wird aus Erde Pflanze werden,
oder Tier oder Mensch. Früher nun hätte ich gesagt: Dieser Stein ist bloß ein Stein, er ist wertlos, er gehört der Welt der Maja an; aber weil er vielleicht
im Kreislauf der Verwandlungen auch Mensch und Geist werden kann, darum schenke ich auch ihm Geltung. So hätte ich früher vielleicht
gedacht. Heute aber denke ich: dieser Stein ist Stein, er ist auch Tier, er ist auch Gott, er ist auch Buddha, ich verehre und liebe ihn nicht, weil er
einstmals dies oder jenes werden könnte, sondern weil er alles längst und immer ist—und gerade dies, daß er Stein ist, daß er mir jetzt und
heute als Stein erscheint, gerade darum liebe ich ihn, und sehe Wert und Sinn in jeder von seinen Adern und Höhlungen, in dem Gelb, in dem
Grau, in der Härte, im Klang, den er von sich gibt, wenn ich ihn beklopfe, in der Trockenheit oder Feuchtigkeit seiner Oberfläche. Es gibt Steine,
die fühlen sich wie Öl oder wie Seife an, und andre wie Blätter, andre wie Sand, und jeder ist besonders und betet das Om auf seine Weise, jeder
ist Brahman, zugleich aber und ebensosehr ist er Stein, ist ölig oder saftig, und gerade das gefällt mir und scheint mir wunderbar und der
Anbetung, würdig
.—Aber mehr laß mich davon nicht sagen. Die Worte tun dem geheimen Sinn nicht gut, es wird immer alles gleich ein wenig
anders, wenn man es ausspricht, ein wenig verfälscht, ein wenig närrisch— ja, und auch das ist sehr gut und gefällt mir sehr, auch damit bin
ich sehr einverstanden, daß das, was eines Menschen Schatz und Weisheit ist, dem andern immer wie Narrheit klingt."
Schweigend lauschte Govinda.
"Warum hast du mir das von dem Steine gesagt?" fragte er nach einer Pause zögernd. "Es geschah ohne Absicht. Oder vielleicht war es so gemeint, daß ich
eben den Stein, und den Fluß, und alle diese Dinge, die wir betrachten und von denen wir lernen können, liebe. Einen Stein kann ich lieben, Govinda,
und auch einen Baum oder ein Stück Rinde. Das sind Dinge, und Dinge kann man lieben. Worte aber kann ich nicht lieben. Darum sind
Lehren nichts für mich, sie haben keine Härte, keine Weiche, keine Farben, keine Kanten, keinen Geruch, keinen Geschmack, sie haben nichts
als Worte. Vielleicht ist es dies, was dich hindert, den Frieden zu finden, vielleicht sind es die vielen Worte. Denn auch Erlösung und Tugend,
auch Sansara und Nirvana sind bloße Worte, Govinda. Es gibt kein Ding, das Nirvana wäre; es gibt nur das Wort Nirvana."
Sprach Govinda: "Nicht nur ein Wort, Freund, ist Nirvana. Es ist ein Gedanke." Siddhartha fuhr fort: "Ein Gedanke, es mag so sein. Ich muß dir gestehen, Lieber: ich unterscheide zwischen Gedanken und Worten nicht sehr. Offen gesagt, halte ich auch von Gedanken nicht viel. Ich halte von Dingen
mehr. Hier auf diesem Fährboot zum Beispiel war ein Mann mein Vorgänger und Lehrer, ein heiliger Mann, der hat manche Jahre lang einfach
an den Fluß geglaubt, sonst an nichts. Er hatte gemerkt, daß des Flusses Stimme zu ihm sprach, von ihr lernte er, sie erzog und lehrte ihn,
der Fluß schien ihm ein Gott, viele Jahre lang wußte er nicht, daß jeder Wind, jede Wolke, jeder Vogel, jeder Käfer genau so göttlich ist und
ebensoviel weiß und lehren kann wie der verehrte Fluß. Als dieser Heilige aber in die Wälder ging, da wußte er alles, wußte mehr als du und
ich, ohne Lehrer, ohne Bücher, nur weil er an den Fluß geglaubt hatte."
Govinda sagte: "Aber ist das, was du Dinge' nennst, denn etwas Wirkliches, etwas Wesenhaftes? Ist das nicht nur Trug der Maja, nur Bild und
Schein? Dein Stein, dein Baum, dein Fluß—sind sie denn Wirklichkeiten?" "Auch dies," sprach Siddhartha, "bekümmert mich nicht sehr. Mögen
die Dinge Schein sein oder nicht, auch ich bin alsdann ja Schein, und so sind sie stets meinesgleichen. Das ist es, was sie mir so lieb und verehrenswert
macht: sie sind meinesgleichen. Darum kann ich sie lieben. Und dies ist nun eine Lehre, über welche du lachen wirst: die Liebe, o Govinda,
scheint mir von allem die Hauptsache zu sein. Die Welt zu durchschauen, sie zu erklären, sie zu verachten, mag großer Denker Sache sein. Mir aber liegt einzig daran, die Welt lieben zu können, sie nicht zu verachten, sie und mich nicht zu hassen, sie und mich und alle Wesen mit Liebe und Bewunderung und Ehrfurcht betrachten zu können." "Dies verstehe ich," sprach Govinda. "Aber eben dies hat er, der Erhabene, als Trug erkannt. Er gebietet Wohlwollen, Schonung, Mitleid, Duldung, nicht aber Liebe; er verbot uns, unser Herz in Liebe an Irdisches zu fesseln." "Ich weiß es", sagte Siddhartha; sein Lächeln strahlte golden. "Ich weiß
es, Govinda. Und siehe, da sind wir mitten im Dickicht der Meinungen drin, im Streit um Worte. Denn ich kann nicht leugnen, meine Worte von
der Liebe stehen im Widerspruch, im scheinbaren Widerspruch zu Gotamas Worten. Eben darum mißtraue ich den Worten so sehr, denn ich
weiß, dieser Widerspruch ist Täuschung. Ich weiß, daß ich mit Gotama einig bin. Wie sollte denn auch Er die Liebe nicht kennen, Er, der alles
Menschensein in seiner Vergänglichkeit, in seiner Nichtigkeit erkannt hat, und dennoch die Menschen so sehr liebte, daß er ein langes, mühevolles
Leben einzig darauf verwendet hat, ihnen zu helfen, sie zu lehren! Auch bei ihm, auch bei deinem großen Lehrer, ist mir das Ding lieber als
die Worte, sein Tun und Leben wichtiger als sein Reden, die Gebärde seiner Hand wichtiger als seine Meinungen. Nicht im Reden, nicht im
Denken sehe ich seine Größe, nur im Tun, im Leben." Lange schwiegen die beiden alten Männer. Dann sprach Govinda, indem
er sich zum Abschied verneigte: "Ich danke dir, Siddhartha, daß du mir etwas von deinen Gedanken gesagt hast. Es sind zum Teil seltsame
Gedanken, nicht alle sind mir sofort verständlich geworden. Dies möge sein, wie es wolle, ich danke dir, und ich wünsche dir ruhige Tage."
(Heimlich bei sich aber dachte er: Dieser Siddhartha ist ein wunderlicher Mensch, wunderliche Gedanken spricht er aus, närrisch klingt seine
Lehre. Anders klingt des Erhabenen reine Lehre, klarer, reiner, verständlicher, nichts Seltsames, Närrisches oder Lächerliches ist in ihr enthalten.
Aber anders als seine Gedanken scheinen mir Siddharthas Hände und Füße, seine Augen, seine Stirn, sein Atmen, sein Lächeln, sein Gruß, sein
Gang. Nie mehr, seit unser erhabener Gotama in Nirvana einging, nie mehr habe ich einen Menschen angetroffen, von dem ich fühlte: dies ist
ein Heiligert Einzig ihn, diesen Siddhartha, habe ich so gefunden. Mag seine Lehre seltsam sein, mögen seine Worte närrisch klingen, sein Blick
und; seine Hand, seine Haut und sein Haar, alles an ihm strahlt eine Reinheit, strahlt eine Ruhe, strahlt eine Heiterkeit und Milde und Heiligkeit
aus, welche ich an keinem anderen Menschen seit dem letzten Tode unseres erhabenen Lehrers gesehen habe.)
Indem Govinda also dachte, und ein Widerstreit in seinem Herzen war, neigte er sich nochmals zu Siddhartha, von Liebe gezogen. Tief verneigte
er sich vor dem ruhig Sitzenden. "Siddhartha", sprach er, "wir sind alte Männer geworden. Schwerlich
wird einer von uns den andern in dieser Gestalt wiedersehen. Ich sehe, Geliebter, daß du den Frieden gefunden hast. Ich bekenne, ihn nicht gefunden
zu haben. Sage mir, Verehrter, noch ein Wort, gib mir etwas mit, das ich fassen, das ich verstehen kann! Gib mir etwas mit auf meinen
Weg. Er ist oft beschwerlich, mein Weg, oft finster, Siddhartha." Siddhartha schwieg und blickte ihn mit dem immer gleichen, stillen
Lächeln an. Starr blickte ihm Govinda ins Gesicht, mit Angst, mit Sehnsucht, Leid und ewiges Suchen stand in seinem Blick geschrieben, ewiges
Nichtfinden. Siddhartha sah es, und lächelte.
"Neige dich zu mir!" flüsterte er leise in Govindas Ohr. "Neige dich zu mir her! So, noch näher! Ganz nahe! Küsse mich auf die Stirn, Govinda!"
Während aber Govinda verwundert, und dennoch von großer Liebe und Ahnung gezogen, seinen Worten gehorchte, sich nahe zu ihm neigte
und seine Stirn mit den Lippen berührte, geschah ihm etwas Wunderbares. Während seine Gedanken noch bei Siddharthas wunderlichen Worten
verweilten, während er sich noch vergeblich und mit Widerstreben bemühte, sich die Zeit hinwegzudenken, sich Nirvana und Sansara als
Eines vorzustellen, während sogar eine gewisse Verachtung für die Worte des Freundes in ihm mit einer ungeheuren Liebe und Ehrfurcht stritt,
geschah ihm dieses: Er sah seines Freundes Siddhartha Gesicht nicht mehr, er sah statt dessen andre Gesichter, viele, eine lange Reihe, einen strömenden Fluß von Gesichtern, von hunderten, von tausenden, welche alle kamen und vergingen, und doch alle zugleich dazusein schien-en, welche alle sich beständig
veränderten und erneuerten, und welche doch alle Siddhartha waren. Er sah das Gesicht eines Fisches, eines Karpfens, mit unendlich schmerzvoll geöffnetem Maule, eines sterbenden Fisches, mit brechenden Augen—er sah das Gesicht eines neugeborenen Kindes, rot und voll Falten, zum Weinen verzogen—er sah das Gesicht eines Mörders, sah ihn ein Messer in den Leib eines.Menschen stechen—er sah, zur selben
Sekunde, diesen Verbrecher gefesselt knien und sein Haupt vom Henker mit einem Schwertschlag abgeschlagen werden—er sah die Körper von Männern und Frauen nackt in Stellungen und Kämpfen rasender Liebe— er sah Leichen ausgestreckt, still, kalt, leer—er sah Tierköpfe, von Ebern, von Krokodilen, von Elefanten, von Stieren, von Vögeln—er sah Götter, sah Krischna, sah Agni—er sah alle diese Gestalten und Gesichter in tausend Beziehungen zueinander, jede der andern helfend, sie liebend, sie hassend, sie vernichtend, sie neu gebärend, jede war ein Sterbenwollen, ein leidenschaftlich schmerzliches Bekenntnis der Vergänglichkeit, und keine starb doch, jede verwandelte sich nur, wurde stets neu geboren, bekam stets ein neues Gesicht, ohne daß doch zwischen einem und dem anderen Gesicht Zeit gelegen wäre—und alle diese Gestalten und Gesichter ruhten, flossen, erzeugten sich, schwammen dahin und strömten ineinander, und über alle war beständig etwas Dünnes, Wesenloses, dennoch Seiendes, wie ein dünnes Glas oder Eis gezogen, wie eine durchsichtige Haut, eine Schale oder Form oder Maske von Wasser, und diese Maske lächelte, und diese Maske war Siddharthas lächelndes Gesicht, das er, Govinda, in eben diesem selben Augenblick mit den Lippen berührte. Und, so sah Govinda, dies Lächeln der Maske, dies Lächeln der Einheit über den strömenden Gestaltungen, dies Lächeln der Gleichzeitigkeit über den tausend Geburten und Toten, dies Lächeln Siddharthas war genau dasselbe, war genau das gleiche, stille, feine, undurchdringliche, vielleicht gütige, vielleicht spöttische, weise, tausendfältige Lächeln Gotamas, des Buddha, wie er selbst es hundertmal mit
Ehrfurcht gesehen hatte. So, das wußte Govinda, lächelten die Vollendeten. Nicht mehr wissend ob es Zeit gebe, ob diese Schauung eine Sekunde oder hundert Jahre gewährt habe, nicht mehr wissend, ob es einen Siddhartha, ob es einen Gotama, ob es Ich und Du gebe, im Innersten wie von einem göttlichen Pfeile verwundet, dessen Verwundung süß schmeckt, im Innersten verzaubert und aufgelöst, stand Govinda noch eine kleine Weile, über Siddharthas stilles Gesicht gebeugt, das er soeben geküßt hatte, das soeben Schauplatz aller Gestaltungen, alles Werdens, alles Seins gewesen war. Das Antlitz war unverändert, nachdem unter seiner Oberfläche die Tiefe der Tausendfältigkeit sich wieder geschlossen hatte, er lächelte still, lächelte leise und sanft, vielleicht sehr gütig, vielleicht sehr spöttisch, genau, wie er gelächelt hatte, der Erhabene. Tief verneigte sich Govinda, Tränen liefen, von welchen er nichts wußte, über sein altes Gesicht, wie ein Feuer brannte das Gefühl der innigsten Liebe, der demütigsten Verehrung in seinem Herzen. Tief verneigte er sich, bis zur Erde, vor dem regungslos Sitzenden, dessen Lächeln ihn an alles erinnerte, was er in seinem Leben jemals geliebt hatte, was jemals in seinem Leben ihm wert und heilig gewesen war.
Danke, sehr ein-leuchtend /color
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