"Schock-Diagnose: homosexuell – Wenn der eigene Sohn schwul wird
Von Frank Torthoff ⋅ 14. Januar 2010
In der Pubertät spielen die Hormone verrückt. Ein Kind entdeckt die eigene Sexualität und wird experimentierfreudig. Doch was passiert, wenn das Kind auf die sexuell verkehrte Bahn gerät? Eltern im Netz über den Schicksalsschlag einer Familie, dessen Sohn ein Homosexueller ist.
Hoffnungslos: Marcel (20) ist im Homo-Sumpf verloren
Mit großen Fußschritten stampfe ich durch den Schnee, der sich wie eine flauschige Decke über einen Kinderspielplatz gelegt hat. Das Gras unter meinen Füßen ist gefroren; es knackt und knistert beim Rübergehen. Polizeiwagen fahren in den leeren Straßen streife. Auf der Rückenlehne einer Parkbank ungefähr zwanzig Meter entfernt von mir sitzen drei Jugendlichen, rauchen, trinken. Einer der beiden hält eine Haschischzigarette (“Bong”) in der Hand, an der alle drei nacheinander süchtig ziehen. Aus den billigen Lautsprechern eines ihrer Handys bellt ein Rapper: “Nimm deine Freundin mit, die kann dir beistehen / Ich scheiß’ auf Vorspiel, Mädel, ich hab’ Gleitcreme!”
Alltag in einer Wohnsiedlung am Rande der Stadt Straubing, Bayern. In diesem Milieu wohnen Karl (42) und Isabell (37) Fahrenholz mit ihrem Sohn Marcel. Marcel ist 20 Jahre alt, hat letztes Jahr die Realschule beendet und besucht jetzt eine Berufsschule. Und:
Marcel ist schwul. Vor knapp acht Monaten outete sich Marcel bei seinen Eltern, erzählte ihnen von seiner bis dahin geheim gehaltenen Homosexualität. Seine Eltern hielten sein Verhalten erst für eine Phase, die bald vorübergehen würde, doch mittlerweile wissen sie:
Sie haben ihren Sohn endgültig verloren.
Ich stehe vor der Eingangstür des Plattenbaus und suche mit ausgestrecktem Zeigefinger die Klingel mit der Aufschrift “Fahrenholz”, klingele und nach wenigen Augenblicken öffnet sich mit einem langen Summen die milchige Haustür. Im Treppenhaus riecht es nach Essen und Urin. Einen Fahrstuhl besitzt dieser Wohnblock nicht, stattdessen muss ich die vielen Treppen bis in den 6. Stock des Gebäudes mühselig steigen. Im Türrahmen stehen Karl und Isabell Fahrenholz und erwarten mich. Ich trete hinein und wir setzen uns ins Wohnzimmer auf ein durchgesessenes Sofa. Marcel ist nicht zu Hause, berichtet sein Vater Karl.
“Ich weiß nicht, wo der sich schon wieder rumtreibt.”
Auf einer alten Kommode stehen
Fotos aus einer besseren Zeit, aus einer Zeit, in der Marcel noch nicht schwul war und die Familie noch zusammenhielt. “Da muss er zwölf gewesen sein, der Marcel”, sagt Karl und deutet auf das Bild. Marcel steht da mit seinen beiden Eltern zusammen vor einem grauen und dunkelblauen Hintergrund; er in der Mitte, Karl und Isabell an den Seiten. Marcel lacht.
Es ging ihm noch gut zu dieser Zeit. Acht Jahre später ist Marcel schwul.
Auf einmal war alles anders
“Es ging ja alles so schnell”, sagt Isabell mit etwas gedämpfter Stimme. “Erst spielte er noch mit seinen Freunden im Sandkasten, dann kam die Pubertät und plötzlich war er nicht mehr der Alte. Er veränderte sich mit jedem Tag ein bisschen mehr.” Marcel war 19, als er sich outete und seinen Eltern gestand, dass er homosexuell ist. Die Überraschung war groß, war Marcel doch bis dahin noch ein ganz normaler Junge gewesen, mit normalen Hobbys, normalen Interessen und normalen Freunden. Gerade bei Isabell saß der Schock tief: “Ich konnte erst mal zwei Tage lang nichts mehr essen, nachdem er mir das erzählt hatte. Ich war völlig fertig.” Doch auch Marcels Vater Karl machte sich wegen des plötzlichen Wandels ernsthafte Sorgen: “Ich suchte zuerst den Fehler für den plötzlichen Ausbruch der Homosexualität bei mir. Ich redete mir ständig ein, zu wenig für ihn dagewesen zu sein.
Wenn ich öfter Zeit für ihn gehabt hätte, so dachte ich, wäre mein Sohn vielleicht normal geblieben.”
Doch wie ist es überhaupt soweit gekommen? Die ersten Anzeichen für Marcels Homosexualität wurden schon vor einigen Jahren deutlich, er war damals erst 17. Karl erinnert sich: “Marcel fing an, sich komisch zu verhalten. Er interessierte sich überhaupt nicht für Mädchen, wie es der Rest seiner Freunde tat. Wenn sie ausgingen, verkroch er sich meistens nur im Zimmer, schloss die Tür ab, war isoliert. Wir kamen gar nicht mehr an ihn heran.” Ab da wurden die Symptome immer deutlicher: Marcel kleidete sich von Woche zu Woche immer femininer und wurde zunehmend sentimentaler. Dann platzte die Bombe: “Als ich eines Tages die Zimmertür öffnete und Marcel zum Mittagessen holen wollte, sah ich ihn vor seinem Computer sitzen und masturbieren. Auf seinem Bildschirm verkehrten gerade zwei Männer. Es war ein Schock, so etwas zu sehen.” Kurze Zeit darauf – Marcel merkte, dass seine Lage aussichtslos war – gab er bekannt: Ich bin schwul.
Und wie ist es, einen homosexuellen Sohn zu haben?
“Es ist furchtbar”, erzählt Isabell, “es hat sich sofort rumgesprochen. Seitdem werden wir auf der Straße immer schief angeguckt.” Einmal, so erinnert sich Isabell, schmierten Jugendliche sogar obszöne Texte an den Briefkasten der Familie: “‘Schwuchtel’ stand da, und ‘Gott hasst Schwule!’”
Einblicke in ein Schwulenleben
Doch wie lebt man überhaupt mit der Homosexualität? Ich möchte mir Marcels Kinderzimmer ansehen und dort nach
Gründen für seine geistige Erkrankung suchen. Wir gehen durch den schmalen Flur, vorbei an der Küche und am Schlafzimmer der Eltern, bis wir schließlich zu einer Zimmertür aus braunem Eichenholz kommen: Marcels Zimmer. Karl öffnet die Tür und wir gehen hinein. Auf den ersten Blick sieht der Raum so aus wie das typische Zimmer eines Teenagers: Der Schreibtisch ist voll, Plakate hängen an den Wänden, der Fernseher in der Ecke, Videos im Regal. Doch beim zweiten Hinsehen merkt man: Hier lebt ein Schwuler.
Um
herauszufinden, was ein Kind zum Schwulen macht, muss man in einen Blick auf die Vergangenheit werfen. Ich frage Isabell, ob sie den
Computer ihres Homo-Sohnes anschalten kann, damit ich dort nach Tagebüchern oder Texten aus der Zeit suchen kann, in der Marcel noch nicht homosexuell war. Sie zögert erst, doch nach kurzem Überlegen fährt sie den Rechner hoch. In einem geheimen Ordner werde ich schließlich fündig: Mehrere Textdateien bilden chronologische Einblicke in Marcels Schwulenleben. In einer Datei vom 27. April 2007, noch lange vor seinem Outing, werden Marcels homosexuellen Tendenzen deutlich:
“Mittlerweile fühle ich mich besser, die Zahnschmerzen haben endlich nachgelassen. Oh Gott, wie ich mich freue, dass das endlich vorbei ist. Jetzt kann ich mich endlich wieder auf die Schule konzentrieren, so, wie meine Eltern es wollen. Ich habe heute mal im Internet wegen dem
Praktikum beim Friseur nachgeguckt, da gibt es wirklich einige freie Stellen. Vielleicht rufe ich da in den nächsten Tagen an und frage nach, ob die noch einen Helfer gebrauchen können.”
Wie es in der Schwulenszene typisch ist, schreibt Marcel hier in einer Art Geheimsprache, benutzt viele Synonyme, um Schlüsselwörter zu umschreiben. Ein Verhalten, das man bereits von Drogenabhängigen kennt: Reizwörter werden gemieden, weil sich der Süchtige selbst nicht eingestehen will, dass er an einer Abhängigkeit leidet. So sind die Zahnschmerzen, von denen Marcel schreibt, nichts weiter als die physische Last seiner Sexualität, mit der Marcel zu kämpfen hat. Er möchte ausbrechen aus dem Homo-Sumpf und endlich ein normales Leben führen, doch es gelingt ihm nicht. Auch der Wunsch, ein Praktikum bei einem Friseur zu machen, zeigt Marcels sexuelle Neigungen deutlich.
Ich habe genug gesehen. Ich lösche alle Dokumente, fahre den Rechner herunter und verlasse mit Karl und Isabell das Kinderzimmer. Ich verabschiede mich von den beiden Eltern und wünsche ihnen noch viel Glück mit ihrem Homo-Sohn,
rate ihnen gleichzeitig noch dazu, eine Klinik aufzusuchen, in der Homosexuelle untersucht und in 72% der Fälle sogar geheilt werden können. Sie bedanken sich, dann bringen sie mich zur Haustür. Kurz bevor ich gehe, fällt mir noch ein Bild im Flur auf. Es zeigt Marcel, wie er jetzt aussieht: Kurz geschorene Haare, Ohrring, enges Oberteil. In seinem Gesicht ist kein Lächeln mehr zu erkennen, kein Ausdruck. Marcel hat ihn verloren, den Kampf gegen die Homosexualität, und er weiß es."
http://eltern-im-netz.de.vu/
Das darf doch wohl ned dem sin ernscht si.....